Pflicht des Maklers zum eindeutigen Provisionsverlangen gegenüber dem ihm vom Verkäufer benannten Interessenten
- Kann sich beim Erwerbsinteressenten aus den Umständen des Einzelfalls – hier: Kenntnis des Objekts und der unter Betreuung stehenden Eigentümerin, Herantreten des Maklers an den ihm von der Eigentümerin benannten Interessenten zwecks Bezifferung des Kaufpreises – der Eindruck einstellen, der Makler sei (allein) Verkäufermakler, ist es Sache des Maklers, durch aktives Tun für klare Verhältnisse zu sorgen; soll (auch) der Erwerber provisionspflichtig sein, ist mithin ein ausdrückliches Provisionsverlangen an ihn zu richten.
- Es bleibt dabei, dass an ein den Maklerdiensten folgendes – nachträgliches bzw. selbständiges – Provisionsversprechen strenge Anforderungen zu stellen sind, weil der Erwerbsinteressent in dieser Lage – ein ausdrückliches Verlangen vorbehalten – nicht mehr damit zu rechnen braucht, vom Makler noch auf Zahlung einer Provision in Anspruch genommen zu werden. Deshalb ist bei Einsatz eines Formularvertrages zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot überraschender Vertragsbedingungen eine entsprechend eindeutige Gestaltung erforderlich, zumal sonst wegen Vortäuschens einer formwirksamen Verpflichtung ohnehin eine Verwirkung des Provisionsanspruchs in Betracht kommt.
- Verfügt der Erwerbsinteressent bereits über hinreichende Kenntnis von Objekt und Erwerbsmöglichkeit sowie von der Person des potenziellen Verkäufers, dem er sein Erwerbsinteresse bekundet hat, noch bevor der vom Verkäufer wegen der Höhe des Kaufpreises eingeschaltete Makler an ihn herantritt, fehlt es an der für eine Provision erforderlichen Kausalität zwischen einer etwaigen (Nachweis-)Leistung des Maklers und dem abgeschlossenen Kaufvertrag, weil die Bezifferung des Kaufpreises für die Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit der Verkäuferseite nicht erforderlich war. Denn für eine Vorkenntnis des Erwerbsinteressenten ist eine Kenntnis sämtlicher essentialia negotii des später zustande gekommenen Kaufvertrags gerade nicht erforderlich, sofern die bekannten Umstände nur die Aufnahme von Vertragsverhandlungen der späteren Hauptvertragsparteien ermöglichen.
- Eine in AGB enthaltene Vorkenntnisklausel – hier: „Makler-Auftrag und Nachweisbestätigung“ – ist unwirksam (im Anschluss an BGH NJW 1971, 1133).
- Zur Frage, ob der Makler eine zusätzliche Leistung gegenüber solchen Erwerbsinteressenten durch Abhalten eines Besichtigungstermins erbringt, die dem Verkäufer ihre Absicht zum Erwerb bereits schriftlich und in später vereinbarter Höhe bekundet haben.
- Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens – hier: seitens des Maklers mittels Rechtsanwaltsschreibens, gerichtet gegen die von ihm zivilrechtlich auf Maklerlohn in Anspruch genommenen Erwerber eines Hausgrundstücks „wegen aller in Betracht kommenden Delikte, insbesondere wegen Eingehungsbetrug“ – eine zugunsten der zivilrechtlich Beklagten Schadenersatz auslösende unerlaubte Handlung darstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Handhabung des Schadensersatzrechts, die den gutgläubigen Strafanzeigeerstatter mit dem Risiko des Schadensersatzes für den Fall belastet, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des behaupteten Vorwurfs führt, gegen Art. 2 I GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen kann (im Anschluss an BVerfGE 74, 257 = NJW 1987, 1929).
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 20.01.2023; 19 U 120/22 (nicht rechtskräftig)
Sachverhalt
Der Makler, der einen Verkaufsauftrag von der Verkäuferin erhalten hat mit dem Hinweis: „Die Maklercourtage ist vom Käufer zu zahlen“, ließ sich von den beklagten Käufern das Formular „Makler-Auftrag und Nachweisbestätigung“ unterzeichnen. In dem Formular war auf eine Provisionsforderung nicht hingewiesen worden. Die Beklagten hatten zuvor – da sie Nachbarn der Verkäuferin waren – sich an diese mit ihrem Ankaufsinteresse gewandt. Es kam erst in der Folgezeit zu Verhandlung zwischen dem klagenden Makler und den Beklagten und zu einer gemeinsamen Besichtigung des Hauses, das den Beklagten aber durch ihre früheren Kontakte zur Verkäuferin bekannt war. Da die Beklagten nach Ankauf des Objektes die Rechnung des Klägers nicht zahlten, ließ dieser mit Anwaltsschreiben Strafanzeige „wegen aller in Betracht kommenden Delikte, insbesondere wegen Eingehungsbetrugs“ erstatten. Der Kläger erhob Klage auf Zahlung der Provision. Die Beklagten erhoben Widerklage auf Schadenersatz für Anwaltskosten. Sie hatten im Ermittlungsverfahren einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Das Ermittlungsverfahren wurde vor Anklageerhebung eingestellt.
Entscheidung
- Das Landgericht Wiesbaden hatte den Kläger auf die Widerklage der Beklagten hin verurteilt, ihnen den Schaden zu ersetzen, der den Beklagten durch die Beauftragung des Rechtsanwalts im Strafverfahren entstanden war. Das OLG Frankfurt weist die Widerklage ab und weist darauf hin, dass jedermann das Recht habe, durch eine Strafanzeige ein gesetzlich geregeltes Verfahren in Gang zu bringen. Es sei mit rechtsstaatlichen Geboten unvereinbar, wenn derjenige, der im guten Glauben eine Strafanzeige erstatte, Nachteile z.B. in Form von Schadenersatzforderungen dadurch erleide, dass sich seine Behauptung nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder nicht aufklärbar erweise. Auch Rechtsanwaltskosten für die Vertretung in einem Ermittlungsverfahren gehören nach Auffassung des Gerichts insoweit grundsätzlich zu den typischen ersatzlos hinzunehmenden Folgen einer formal berechtigten Einleitung und Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.
- Die Klage auf Provisionszahlung weist das OLG Frankfurt ab. Der Makler habe die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass er für seine Tätigkeit Provision verlange. Auch das von den Beklagten unterzeichnete Formular „Maklerauftrag und Nachweisbestätigung“ enthalte keinen Provisionshinweis. Zwar könne grundsätzlich auch nach Erbringung der Maklerleistung ein Maklervertrag zwischen Kaufinteressent und Makler abgeschlossen werden. Dann müsse das Provisionsverlangen allerdings ausdrücklich gestellt werden, weil der Auftraggeber in einer solchen Situation nicht mehr damit rechnen müsse, vom Makler nachträglich auf Zahlung einer Provision in Anspruch genommen zu werden.
Fazit
Klarstellend ist die vorliegende Entscheidung insoweit, als das Gericht in der Strafanzeige des Maklers wegen aller in Betracht kommenden Delikte, insbesondere wegen Eingehungsbetrugs, kein willkürlich leichtfertiges oder mit unlauteren Mitteln in Gang gebrachtes Strafverfahren sieht. Das Gericht lässt aber dennoch erkennen, dass der Makler, der, ohne dass er die Voraussetzungen für einen provisionspflichtigen Maklervertrag darlegen kann, nämlich den deutlichen Hinweis auf seine Provisionsforderung, dennoch Strafanzeige stellt, um seiner vermeintlichen Provisionsforderung Nachdruck zu verleihen. provisionsunwürdig gemäß § 654 BGB sein kann und damit den Provisionsanspruch verwirkt.