Verwalter-Telegramm

Zur Wirksamkeit des Verwalterhandelns bei unwirksamer Verwalterbestellung, insbesondere bei unwirksamer Erstbestellung eines Wohnungseigentumsverwalters durch den Bauträger

BGH, Urteil vom 11.03.2022; V ZR 77/21

Eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Regel, mit der sich der teilende Eigentümer einseitig die Bestimmung eines anderen Verwalters in der Aufteilungsphase vorbehält, ist insoweit unwirksam, als der Vorbehalt nach Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft fortgelten soll. Ist die Verwalterbestellung hiernach unwirksam, bleiben Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen des unwirksam bestellten Verwalters wirksam.

Eine Bauträgergesellschaft ist mit der Herstellung von Wohnungseigentumseinheiten befasst und hat sich in der Teilungserklärung zum ersten Verwalter der künftigen Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt und sich das Recht vorbehalten, bis zum vollständigen Bezug des Objektes einen anderweitigen Verwalter einseitig zu bestimmen. Im Zuge der Errichtung des Objektes bestimmte die Bauträgergesellschaft einen Wohnungseigentumsverwalter, der nach der Fertigstellung zu einer ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung einlud. In der Wohnungseigentümerversammlung wurden Beschlüsse gefasst, die von einem Wohnungseigentümer im Wege der Beschlussanfechtungsklage angegriffen wurden. Der Wohnungseigentümer rügte bereits eine fehlerhafte Einladung zu der Wohnungseigentümerversammlung, da die Verwaltung nicht wirksam durch den Bauträger eingerichtet worden sei. In diesem Punkt bleibt die Beschlussanfechtung jedoch ohne Erfolg. Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes folgt zwar dem Wohnungseigentümer in der Auffassung, dass die Bestellung des ersten Wohnungseigentumsverwalters durch den Bauträger unwirksam blieb. Es ist zwar zulässig, dass der teilende Eigentümer bereits in der Teilungserklärung einen Verwalter für die später entstehende Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt und es ist auch zulässig, dass der Bauträger sich selbst zum ersten Verwalter bestellt. Der BGH stellt jedoch klar, dass eine einseitige Verwalterbestellung nicht mehr möglich ist, sobald die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden ist. Sobald mit der Eintragung eines Wohnungseigentümers und der Besitzverschaffung an der Wohnungseigentumseinheit eine sogenannte werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht, muss eine Verwalterwahl stattfinden, eine einseitige Bestimmung des Verwalters durch den Bauträger ist nicht zulässig. In dem hier zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalt war die einseitige Bestimmung des Verwalters durch den Bauträger mithin unwirksam, der BGH stellt jedoch klar, dass Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen des nicht wirksam bestellten Verwalters rechtlich gleichwohl wirksam bleiben. Der BGH erkennt an, dass es zum Schutz des Rechtsverkehrs geboten ist, dass die bisherige Verwaltertätigkeit als wirksam behandelt wird, insoweit bildet der BGH eine Analogie zu dem in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, dass ein Vertreterhandeln auch bei unwirksamer Vertreterbestimmung wirksam bleiben soll, § 47 FamFG. Die von dem BGH insoweit entwickelten Grundsätze sind auf alle etwaig unwirksamen Verwalterbestellungen anwendbar, soweit beschränkt sich die Entscheidung nicht lediglich auf die hier unwirksame Bestellung eines Verwalters durch den Bauträger.

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Keine Entlastung des Verwalters bei fehlerhaft erteilter Jahresabrechnung

Amtsgericht Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.02.2022; 980a C 29/21 WEG

Nach der Reform des Wohnungseigentumsrechts haben die Wohnungseigentümer nur noch über die Zahlungspflichten einen Beschluss zu fassen. Eine Beschlussfassung zur Genehmigung der Jahresabrechnung ist nichtig. Werden Fehler in der Abrechnung festgestellt und der Beschluss über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse für ungültig erklärt, so ist der angefochtene Beschluss über die Entlastung der Verwaltung ebenfalls für ungültig zu erklären.

Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Geltendmachung von Mängelrechten in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum; Altlasten als Mangel

BGH, Urteil vom 11.11.2022; ZR 213/21

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann auch nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen.

Keine Teilung in Wohnungseigentum bei bestehendem Erbbaurecht

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.12.2022; 14 W 75/22

Ist an einem Grundstück ein Erbbaurecht bestellt, kann eine Teilung in Wohnungseigentum nicht erfolgen, da Sondereigentum aufgrund der an dem Bauwerk bestehenden Rechte des Erbbauberechtigten nicht wirksam begründet werden kann.

Bauaufsichtsrechtliche Verfügungen werden nur gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft vollstreckt, eine Duldungsanordnung gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern ist entbehrlich

OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.11.2022; 1 ME 106/22

Ordnet die Bauaufsichtsbehörde Brandschutzmaßnahmen an einem Gebäude an, das im Eigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft steht, ist die Maßnahme ausschließlich gegenüber der Gemeinschaft zu vollstrecken und die Zustellungen bei dem Wohnungseigentumsverwalter vorzunehmen. Eine Duldungsanordnung gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern ist nicht erforderlich.

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