Wohnungseigentumsrecht

Beschlussklage gegen eine verwalterlose Gemeinschaft

Der Anspruch auf Bestellung eines Wohnungseigentumsverwalters kann mit einer Beschlussersetzungsklage durchgesetzt werden, dies gilt auch in einer aus nur zwei Einheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Klage ist gegen die Gemeinschaft zu richten, nicht gegen den anderen Wohnungseigentümer.

BGH, Urteil vom 08.07.2022; V ZR 202/21

Sachverhalt

In einer aus zwei Wohnungseigentumseinheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft strebt ein Miteigentümer die Bestellung eines WEG-Verwalters an. Nachdem eine Wahl nicht gelungen ist, erhebt der Miteigentümer Klage auf Bestimmung eines WEG-Verwalters durch das Gericht und richtet diese Klage gegen den zweiten Miteigentümer. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, im Berufungsverfahren wurde das Urteil indes aufgehoben und die Klage als bereits unzulässig abgewiesen.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof stellt im Revisionsverfahren das erstinstanzliche Urteil wieder her. Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat bekräftigt, dass jeder Wohnungseigentümer nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG einen Anspruch auf Verwaltung der Gemeinschaft hat, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Dieser Anspruch schließt die Bestellung eines tauglichen Verwalters ein, da das Fehlen eines Verwalters die ordnungsgemäße Verwaltung erheblich erschwert. Dies gilt auch bei kleinen Wohnungseigentümergemeinschaften, da insbesondere ohne bestellten Verwalter eine Wohnungseigentümerversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen werden kann.

Gelingt die Wahl eines WEG-Verwalters nicht, kann im Wege der sogenannten Beschlussersetzungsklage der Verwalter gerichtlich bestimmt werden. Die Auswahl des Verwalters obliegt im Rahmen dieses Beschlussersetzungsverfahrens dem Gericht nach billigem Ermessen, und zwar sowohl hinsichtlich der Person, als auch hinsichtlich der Bestellungszeit. In dem hier entschiedenen Verfahren hatte der Wohnungseigentümer die Wahl eines Verwalters für den Zeitraum von einem Jahr begehrt. In prozessualer Hinsicht war die von dem Wohnungseigentümer gegen den übrigen Miteigentümer gerichtete Klage bis zum Berufungsverfahren indes unzulässig, da die gemeinschaftlichen Interessen betreffenden Anliegen ausschließlich gegenüber der Gemeinschaft geltend zu machen sind; dies gilt auch bei einer nur aus zwei Parteien bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der andere Miteigentümer war mithin nicht der richtige Beklagte, im Berufungsverfahren erfolgte jedoch eine Klarstellung, dass die Klage sich gegen die Gemeinschaft richten soll. Der BGH wertet diesen Prozessvortrag als sogenannten gewillkürten Parteiwechsel, der prozessrechtlich grundsätzlich zulässig ist und hier eine Entscheidung in der Sache selbst ermöglichte. Die verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaft wird durch die Wohnungseigentümer vertreten; der BGH stellt klar, dass in einem Rechtsstreit eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft die Vertretung durch die übrigen Wohnungseigentümer ohne den Kläger erfolgt. Wenn, wie hier, nur ein Wohnungseigentümer verbleibt, vertritt dieser die Gemeinschaft im Prozess allein.

Fazit

Mit dieser Entscheidung stellt der BGH klar, in welcher Art und Weise die Ersetzung der gescheiterten Verwalterwahl im gerichtlichen Prozedere erfolgen muss. Der Anspruch auf Verwalterwahl ist in rechtlicher Hinsicht leicht durchsetzbar, praktisch stellt sich in derartigen Konstellationen indes die Frage, welcher WEG-Verwalter zur Übernahme der offenbar zerstrittenen Gemeinschaft bereit ist und zu welchen Konditionen ein solches Verwalter-Vertragsverhältnis gestaltet werden kann. Sollte sich ein übernahmebereiter Verwalter nicht finden, kann grundsätzlich auch die Bestellung des klagenden Wohnungseigentümers zum WEG-Verwalter angedacht werden, sofern eine hinreichende fachliche Qualifikation belegt werden kann.

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