Lässt sich eine unwirksame Klausel zur Endrenovierung durch eine nichtvorformulierte Vereinbarung im Übergabeprotokoll „heilen“? Eine unwirksame Endrenovierungs-Klausel im Mietvertrag lässt sich dadurch „heilen“, dass der Mieter nachträglich eine individuelle, also nicht-vorformulierte Sondervereinbarung unterschreibt, die ihn zur Endrenovierung verpflichtet (hier: im Übergabeprotokoll bei Einzug).
(BGH, 14.1.2009 – VIII ZR 71/08)
Der Fall
Mieter und Vermieter schließen einen Mietvertrag, in dem unwirksame
Formularklauseln enthalten sind: Der Mieter soll nach starrem Fristenplan renovieren und
außerdem bei Vertragsende eine Schlussrenovierung durchführen. Bei der späteren Übergabe
der Wohnung an den Mieter verpflichtet sich der Mieter in einem schreibmaschinenschriftlich
gefertigten Übergabeprotokoll, die Wohnung bei Auszug renoviert zurückzugeben. Etwa fünf
Jahre später endet der Mietvertrag. Der Mieter lehnt es ab, die Wohnung zu renovieren.
Deshalb verklagt ihn der Vermieter auf Ersatz der erforderlichen Renovierungsarbeiten.
Was sagt das Gericht?
Es gibt zunächst einmal dem Vermieter Recht. Ihm steht der
Kostenerstattungsanspruch zu, wenn es sich bei dem Übergabeprotokoll um eine nichtvorformulierte
Individualvereinbarung handelt. Grund: Individuell vereinbarte
Sondervereinbarungen zur Endrenovierung sind grundsätzlich wirksam (BGH, 5.4.2006 – VIII
ZR 106/05). Die Sondervereinbarung im Übergabeprotokoll ist nicht deswegen unwirksam,
weil sie eine – unwirksame – Schönheitsreparatur-Klausel im Formularmietvertrag ersetzen
soll. Denn der Grundsatz, dass sich aus der Summe von zwei – für sich genommen – noch
„gutartigen“ Regelungen keine unangemessene Benachteiligung des Mieters ergeben darf
(kein „Summierungseffekt“), stammt aus dem AGB-Recht und gilt nicht für
Individualvereinbarungen. Auch eine „Gesamtnichtigkeit“ zwischen Mietvertrag und
Übergabeprotokoll liegt nicht vor; denn diese beiden Geschäfte wurden nicht gleichzeitig
abgeschlossen und deshalb nicht einheitlich. Es kommt also darauf an, ob den Umständen
nach eine Individualvereinbarung gegeben ist. Der BGH verweist die Entscheidung also zurück
an das Landgericht, das diese Tatsachenfrage klären soll. Der BGH klärt als Revisionsgericht
nur Rechtsfragen.
Praxishinweis 1:
Es bietet sich eine Möglichkeit, unwirksame Schönheitsreparatur-Klauseln
nachträglich doch noch wirksam zu machen – durch eine Individualvereinbarung. Das gilt
wohlgemerkt nicht nur für das Übergabeprotokoll beim Einzug, sondern auch für sonstige
spätere Einzelvereinbarungen, etwa anlässlich von Modernisierung, Mieterhöhung oder
Übergabe bei Vertragsende. Das ist aber nicht einfach. Für die Annahme einer
Individualvereinbarung gelten nämlich strenge Anforderungen (zu denen der BGH hier nicht
Stellung nehmen musste): Beim gewerblichen Vermieter ist eine vorformulierte Vereinbarung
sogar bei einmaliger Verwendung als AGB einzustufen. Die Vereinbarung zur Heilung sollte
also nicht im Büro vorformuliert werden, bevor es zur Wohnungsbesichtigung geht. Der
Vermieter muss sie vielmehr „vor Ort“ entwickeln. Es würde sogar schaden, wenn er sie
auswendig gelernt (BGH: „im Kopf vorformuliert“) hat. Und auch wenn diese Hürde
überwunden ist, hat man das Ziel noch nicht erreicht: Die Vereinbarung darf nämlich nicht
gleichzeitig mit dem Mietvertrag oder kurz nach Abschluss des Mietvertrags erfolgen
(„unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang“), und man darf diese „Technik“ nicht gezielt dazu
einsetzen, die AGB-Vorschriften zu umgehen.
Praxishinweis 2:
Es sollten nur noch „gezähmte“ Schönheitsreparatur-Klauseln verwendet
werden, also
• keine Bestimmung von bestimmten Maßnahmen,
• keine Fristen,
• keine Endrenovierung,
• keine Quotenabgeltung und
• Gebot von hellen und neutralen Farben bei einer etwa erforderlichen Endrenovierung