Allgemein Newsletter Wohnraummietrecht

Schonfrist: Rechtzeitigkeit und Adressat der Übernahmeerklärung. Was gilt zu
beachten?

Die Übernahmeerklärung der öffentlichen Stelle muss grundsätzlich gegenüber dem
Vermieter oder dessen Prozessbevollmächtigten innerhalb der Zweimonatsfrist des
§ 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB zugehen; die Berechnung der Frist erfolgt dabei gemäß
§§ 187 ff. BGB.
Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 15.12.2009 – 49 C 280/09

Der Fall: Die Mieter sind mit zwei Monatsmieten und der Betriebskostennachzahlung im
Rückstand. Die Vermieterin kündigt fristlos wegen Zahlungsverzugs. Die Mieter begleichen die
Rückstände nur zum Teil. Die Vermieterin erhebt Zahlungs- und Räumungsklage.
Klagezustellung erfolgt am 05.08.2009, die Verfügung des Gerichts erhält den Hinweis auf die
in § 569 Abs. 3 Nr. 2 S.1 BGB verankerte Schonfrist:

§ 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum
Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs
hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1
befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.

Am 02.10.2009 verpflichtet sich die zuständige öffentliche Stelle zur Zahlung der
Mietrückstände. Die Erklärung geht am selben Tag bei Gericht, jedoch erst am 06.10.2009 bei
den Prozessbevollmächtigten der Vermieterin ein.
Die Mieter sind der Ansicht, die Kündigung sei durch die Übernahmeerklärung unwirksam
geworden. Die Übernahmeerklärung sei rechtzeitig erfolgt, weil der Tag der Zustellung gemäß
§ 187 Abs. 1 BGB für die Berechnung der Frist nicht mitzähle, diese habe daher am
06.08.2009 begonnen und am 06.10.2009 geendet. Den Mietern sei nicht anzulasten, dass
die Behörde das Schreiben versehentlich nicht per Fax an die Kläger geschickt habe. Der
Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe zudem die Klägerin über die auf dem Weg
befindliche Übernahmeerklärung informiert.

Hintergrund: Die Schonfrist betrug vor dem Mietrechtsreformgesetz lediglich einen Monat.
Die Fristverlängerung auf zwei Monate erfolgte vor dem Hintergrund der drohenden
Obdachlosigkeit der Mieter entgegenzuwirken und den Sozialbehörden für ihre Entscheidung
mehr Zeit zu lassen, da sie vor Abgabe einer Verpflichtungserklärung noch Kontakt mit dem
Mieter aufnehmen müssen (BT-Dr. 14/4553, S. 64).

Die Entscheidung: Die Mieter werden antragsgemäß zur Zahlung und Räumung verurteilt.
Die ausgesprochene Kündigung ist nicht gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden.
Die Übernahmeerklärung sei nicht bis zum Ablauf von zwei Monaten bei der Klägerin
eingegangen. Zwar sei die Frist nach §§ 187 ff. BGB zu berechnen, eine nach Monaten
bestimmte Frist gemäß § 188 Abs. 2 BGB ende mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher
durch seine Zahl dem Tage entspreche, in die das Ereignis fiele; dies sei bei einer
Zweimonatsfrist, die durch ein Ereignis am 05.08.2009 ausgelöst werde, der 05.10.2009.
Ferner müsse die Erklärung gegenüber dem Vermieter oder dessen Prozessbevollmächtigten
abgegeben werden. Eine Abgabe gegenüber dem Mieter oder dem Gericht sei nicht
ausreichend. Die Bezugnahme auf eine Übernahmeerklärung sei auch nicht ausreichend, da
der Vermieter ohne Vorlage einer Kopie derselben nicht beurteilen könne, ob diese tatsächlich
erfolgt sei oder nicht.
Kommentar: Der Entscheidung ist zuzustimmen. Auch wenn es aus Perspektive des Mieters
„ungerecht“ erscheinen mag, dass die Übernahmeerklärung lediglich einen Tag verspätet
zugegangen ist, muss sich der Mieter den Vorwurf gefallen lassen, dass er bereits zwei
Monate keine Miete gezahlt hat. Außerdem besteht schon vor Einreichung der Räumungsklage
die Möglichkeit, sich an die zuständige Behörde zu wenden, um eine Übernahme
herbeizuführen, zumal Klagen meist mit weiterer Zeitverzögerung erhoben werden. Jedenfalls
besteht gegenüber der drohenden Obdachlosigkeit des Mieters ein ebenso berechtigtes
Interesse des Vermieters den Mietausfällen ein Ende zu setzen.

Praxishinweis: Zu beachten ist, dass auch bei noch laufender Schonfrist die Gerichte
Versäumnisurteil auf Räumung erlassen können, insbesondere im schriftlichen Verfahren gem.
§ 331 III ZPO. Der Mieter ist durch die Möglichkeit der Verteidigungsanzeige nicht schutzlos
gestellt. Auch kann er Einspruch erheben oder Vollstreckungsgegenklage einreichen.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner