Kann der Vermieter kündigen, wenn der Alleinverdiener auszieht? Zieht der Alleinverdiener aus der Ehewohnung aus und erklärt, er werde künftig keine Mieten mehr bezahlen, berechtigt dies allein den Vermieter grundsätzlich noch nicht zur fristlosen Kündigung. Das gilt mindestens dann, wenn finanzielle Situation und Zusammenleben beider Mieter nicht zur Geschäftsgrundlage des Mietvertrages gehören.
(BGH, Urteil vom 21.10.2009 – VIII ZR 64/09)
Was war geschehen?
Mit Vertrag vom 11.5.2007 vermietet der Kläger ein Reihenhaus an ein Ehepaar. Bei
Abschluss des Vertrages gibt die Familie ihre Einkünfte wie folgt an: Nettoeinkommen
Ehemann € 2.300, Kindergeld € 500 und Erziehungsgeld € 350. Ende 2007 trennt sich das
Paar. Der Alleinverdiener zieht aus und „kündigt“ mit einem nur von ihm unterzeichneten
Schreiben das Mietverhältnis zum 31.03.2008. Daraufhin kündigt der Vermieter seinerseits
am 1.2.2008 fristlos und hilfsweise fristgemäß. Zur Begründung führt er an, mit dem Auszug
des allein verdienenden Beklagten und dessen Erklärung, nur bis zum 31.03.2008, nicht aber
darüber hinaus Miete zu zahlen, sei die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages entfallen. Er
klagt beim Amts- und Landgericht erfolglos auf Räumung. Der BGH weist die Revision zurück.
Aus rechtlicher Sicht
Beide Kündigungen sind unwirksam! Die Kündigung des Ehemannes ist bereits deshalb
unwirksam, da nach dem Mietvertrag auch die Ehefrau Mieterin war und deshalb die
Kündigung nur von den Eheleuten gemeinsam hätte erklärt werden können.
Aber auch die Kündigung des Vermieters hat das Mietverhältnis nicht beendet: Weder der
Auszug des Ehemannes aus der Wohnung noch die Verschlechterung seiner finanziellen
Situation noch seine Erklärung nur bis zum 31.03.2008 die Miete zu entrichten, könne – so
der BGH – als „wichtiger Grund“ für eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 543
Abs. 1 BGB angesehen werden. Ein wichtiger Grund ist nach der Gesetzeslage dann gegeben,
wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere
eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen
die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur
sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz
2 BGB).
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bereits die Erklärung des Mieters, er werde
künftig keine Miete mehr zahlen, die fristlose Kündigung des Vermieters rechtfertigen kann,
da diesem nicht zugemutet werden könne, das bereits angekündigte Ausbleiben weiterer
Mietzahlungen abzuwarten, bis die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3
BGB erfüllt seien. Eine hiermit vergleichbare Situation sei jedoch vorliegend – so der BGH –
nicht gegeben. Lediglich der Ehemann habe eine – wenn auch unwirksame – Kündigung
ausgesprochen, während die Ehefrau am Mietvertrag ausdrücklich festgehalten habe. Auch sei
die Kündigung nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage begründet, da weder die
finanziellen Verhältnisse noch die dauerhafte Nutzung der Wohnung durch beide Beklagte zur
Geschäftsgrundlage des Mietvertrages gemacht worden seien.
Fazit
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Zutreffend wird zwischen dem Loslösungsrecht der
Kündigung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unterschieden. Vorrangig bei einem
Mietverhältnis sind die Regelungen der §§ 568 ff. BGB. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage
nach § 313 BGB ist stets subsidiär und nur bei Vorliegen der Voraussetzungen anwendbar.
Das bedeutet insbesondere, dass es dem Vermieter unzumutbar sein muss, am Mietvertrag
festzuhalten. Dies kann aber dann nicht der Fall sein, wenn es zwei Mieter und damit zwei
Schuldner gibt. Ob und inwieweit der zweite Schuldner zahlungsfähig ist, stellt sich als
allgemeines (Vermieter-) Risiko und nicht als Unzumutbarkeit i.S.d. § 313 BGB dar.