Außerordentliche Kündigung des Vertrages mit einem Fitness-Studio
BGH, Urteil vom 08.02.2012, XII ZR 42/10
Ein Fitness-Studiovertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, das den Vertragsparteien stets das
Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes einräumt.
Dieses Recht kann durch eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
ausgeschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung des Vertrages zwar nicht
gänzlich ausgeschlossen wird, aber zusätzliche Voraussetzungen gefordert werden, die
geeignet sein können, den Vertragspartner von der Ausübung des außerordentlichen
Kündigungsrechts abzuhalten. Das führt zu einer unangemessenen Benachteiligung des
Kunden und damit zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB.
Sachverhalt
Mit diesen grundsätzlichen rechtlichen Hinweisen hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil
vom 08.02.2012, XII ZR 42/10, eine vorformulierte Vertragsklausel für unwirksam erklärt. Im
entschiedenen Fall war zwar vereinbart, dass der Kunde kündigen kann, wenn er
krankheitsbedingt für die restliche Vertragslaufzeit die Einrichtung des Centers nicht nutzen
kann. Zusätzlich wurde vereinbart, dass für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich ist,
dass sie unverzüglich, spätestens binnen zwei Wochen nach Kenntnis des die Kündigung
rechtfertigenden Umstandes erfolgt und der Kündigungserklärung ein ärztliches Attest
beigefügt wird, aus dem sich nachvollziehbar die Erkrankung bzw. gesundheitliche
Beeinträchtigung ergibt, die einer Nutzung entgegenstehen soll.
Entscheidung
Diese Beschränkung des außerordentlichen Kündigungsrechts auf eine Erkrankung des
Kunden sowie die zusätzliche Anforderung an die Wirksamkeit der Kündigungserklärung
schränke das außerordentliche Kündigungsrecht erheblich und damit unangemessen ein und
sei deshalb – so der BGH – unwirksam. Denn die Vertragsklausel könne nur so verstanden
werden, dass der Kunde nur bei Vorliegen einer Erkrankung, die ihm für die restliche
Vertragslaufzeit die Nutzung der Einrichtungen des Centers nicht ermöglicht, zur
außerordentlichen Kündigung berechtigt, im Übrigen aber das Recht zur außerordentlichen
Kündigung ausgeschlossen sei. Ein wichtiger Grund zur Kündigung sei aber nach der
Rechtsprechung immer dann gegeben, wenn einem der Vertragspartner aus Gründen, die
nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen, eine weitere Nutzung der Leistungen des
anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar sei. Ein solcher Umstand könne nicht nur eine
Erkrankung des Kunden sein. Vielmehr gebe es auch andere Gründe, die nicht in seinem
Verantwortungsberiech liegen und ihm die weitere Nutzung des Fitnessstudios bis zum Ende
der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen, wie z.B. eine Schwangerschaft.
Generell gelte, dass Klauseln, die zur Weiterzahlung der monatlichen Beiträge verpflichten,
obwohl Umstände vorhanden sind, die der Kunde nicht beeinflussen kann, unangemessen und
damit unwirksam sind. Im entschiedenen Fall ergebe sich die Unwirksamkeit der Klausel auch
daraus, dass das Fitnessstudio vom Kunden Angaben über die konkrete ernste Erkrankung
verlangt habe. An der Vorlage eines ärztlichen Attestes habe der Betreiber zwar ein
berechtigtes Interesse, um einen Missbrauch des eingeräumten Kündigungsrechts zu
verhindern. Ein ärztliches Attest, aus dem sich ergibt, dass eine sportliche Tätigkeit des
Kunden nicht mehr möglich ist, sei ausreichend, denn dem Kunden könne nicht auferlegt
werden, dass er die Art seiner Erkrankung offenbart. Dann nämlich stände er vor dem
Ausspruch einer Kündigung vor der Entscheidung, ob er bereit ist, gegenüber dem
Fitnessstudio entsprechende Angaben zu machen oder auf die Ausübung seines
Kündigungsrechts zu verzichten. Auch die weitere Einschränkung des Kündigungsrechts
dadurch, dass der Kunde innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von der
Erkrankung kündigen müsse, beanstandet der BGH: Aufgrund der kurzen Frist, könne der
Kunde nämlich gezwungen sein, den Vertrag voreilig zu kündigen, um sein Kündigungsrecht
nicht zu verlieren. Dadurch würde ihm die Möglichkeit genommen, nach der Feststellung einer
Erkrankung zunächst ihren weiteren Verlauf abzuwarten, um sich dann endgültig zu
entscheiden.
Praxishinweis
Die vom BGH überprüfte Kündigungsklausel dürfte in vielen Fitnessstudio-Verträgen enthalten
sein. Zu Recht haben die BGH-Richter die in der Vertragsklausel enthaltenen Einschränkungen
der Kündigungsmöglichkeiten beanstandet. Nicht beanstandet wurde die
Vertragsbestimmung, die eine erste Laufzeit des Vertrages von 24 Monaten vorsieht. Sie hält
einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand, das ergäbe eine umfassende Abwägung
der schützenswerten Interessen beider Parteien im Einzelfall. Mit der Frage, welchen Inhalt
eine Kündigungsklausel haben muss, damit sie rechtswirksam ist, hat der BGH die
Studiobetreiber etwas im Regen stehen lassen. Zwar sei ein berechtigtes Interesse des
Betreibers eines Fitnessstudios an der Vorlage eines ärztlichen Attestes bei einer mit
Erkrankung begründeten Kündigung des Kunden grundsätzlich anzuerkennen. Welchen Inhalt
dieses Attest allerdings allenfalls haben darf, um vor dem BGH zu bestehen, wird aus dem
Urteil nicht deutlich. Voraussetzung für eine wirksame Kündigung darf offenbar jedenfalls
nicht die Verpflichtung sein, dass der Kunde die Art seiner Erkrankung offenbart. Rechtlich
nicht zu beanstanden wird allerdings nicht die Forderung nach einem ärztlichen Attest sein,
das nur eine auf Dauer anhaltende Sportunfähigkeit des Kunden bescheinigt. Bei Zweifeln
über die Berechtigung einer außerordentlichen Kündigung verweist der BGH das Fitnessstudio
auf die Möglichkeit eines gerichtlichen Verfahrens, um die Wirksamkeit der außerordentlichen
Kündigung prüfen zu lassen, wobei der Kunde dann die Beweislast für das Vorliegen eines
wichtigen Grundes trägt.