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Nichtigkeit des Immobilienkaufvertrages bei grobem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung Von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kann bei Grundstücksgeschäften ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist, wie der Wert der Gegenleistung. Bei Ausnutzung einer Schwächesituation des Verkäufers ist der Tatbestand des Wuchers erfüllt.

OLG Oldenburg, Urteil vom 02.10.2014; Az. 1 U 61/14

Sachverhalt

Im Wege der einstweiligen Verfügung begehren die Verfügungskläger als Verkäufer von zwei
Eigentumswohnungen die Eintragung von Widersprüchen gegen die Eintragung der
Verfügungsbeklagten (Käufer) als Eigentümer in das Grundbuch. Die Verfügungskläger
(Verkäufer) verkauften zwei Wohnungen zum Gesamtkaufpreis von € 90.000 an die
Verfügungsbeklagte. Die Verfügungsbeklagte verkaufte beide Wohnungen fünf Monate später
zum Gesamtkaufpreis von € 160.000 weiter. Schriftliche Auskünfte des Gutachterausschusses
für Grundstückswerte ergaben, dass ein mittleres Preisniveau von € 120.000 pro Wohnung
bzw. € 180.000 bis € 210.000 für das Grundstück anzusetzen seien. Den Verfügungsklägern
drohte die Zwangsvollstreckung. Die Verfügungsbeklagte bestritt den Wuchertatbestand, weil
der Preis bei der Weiterveräußerung nur 77 % über dem an die Verfügungskläger gezahlten
Preis von € 90.000 gelegen habe und weil sie nicht eine Zwangslage ausgenutzt habe. Sie
habe vielmehr den Kauf im Rahmen einer „Paketlösung“ durchgeführt und mit den
Verfügungsklägern Mietverträge abgeschlossen, damit sichergestellt werde, dass diese nicht
ausziehen müssten aus den Wohnungen.

Entscheidung

Landgericht und Oberlandesgericht geben der Klage statt. Das OLG Oldenburg führt aus, dass
ein besonders auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben sei.
Wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch sei, d.h. bei einer Verkehrswertunteroder
–überschreitung ab 90%, sei das grobe Missverhältnis nach ständiger Rechtsprechung zu
bejahen. Die Ausführungen des Gutachterausschusses machen glaubhaft, dass die für das
Grundstück anzuwendenden Werte ein mittleres Preisniveau für das Grundstück von €
180.000 bis € 200.000 bzw. von mindestens € 100.000 pro Eigentumswohnung anzusetzen
sind. Die Tatsache, dass die Verfügungsbeklagte beim Weiterverkauf nur eine Wertdifferenz
von 77 % erreicht habe, stelle keinen erheblichen Einwand dar. Da den Verfügungsklägern die
Zwangsvollstreckung drohte, bestand für sie zudem eine Zwangslage, von der die
Verfügungsbeklagte – ein in der Region tätiges Immobilienunternehmen – wusste. Die
Tatsache, dass mit den Verfügungsklägern ein Mietvertrag abgeschlossen worden sei, spreche
nicht gegen die Ausnutzung einer Zwangslage durch die Verfügungsbeklagte.
Die Übereignungen aufgrund der geschlossenen Kaufverträge seien damit nichtig und das
Grundbuch unrichtig.

Fazit

Beweispflichtig für das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist der Verkäufer.
Vorliegend reicht, da der Käufer keine Einwendungen gegen die Auskünfte des
Gutachterausschusses für Grundstückswerte machte, dem Gericht die Auskunft des
Gutachterausschusses aus. In der Regel wird bei Bestreiten der klägerischen Behauptung, ein
Missverhältnis liege vor, ein Sachverständigengutachten einzuholen sein. Auch dann, wenn
die Gegenleistung nicht knapp doppelt so hoch ist, wie die Leistung, d.h. ein besonders grobes
Missverhältnis gegeben ist, kann bei einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und
Gegenleistung im Zusammenhang mit weiteren Umständen die Sittenwidrigkeit gegeben sein.
Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten
hervorgetreten ist.

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