Für den Erwerber einer Mietsache entsteht auch dann ein vorrangiges eigenständiges Vermieterpfandrecht an den von dem Mieter eingebrachten Sachen, wenn der Mieter vor dem veräußerungsbedingten Vermieterwechsel eine Sicherungsübereignung der Sachen an seine Bank vornimmt. Neben dem bisherigen Vermieterpfandrecht des Veräußeres entsteht ein eigenständiges gleichrangiges Vermieterpfandrecht des Erwerbers, welches dieselben Gegenstände der Mieterin (hier Inventar der Gewerberäume) erfasst.
BGH, Urteil vom 15.10.2014, XII ZR 163/12
Sachverhalt
Die Gewerberaummieterin bringt zu Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2006 in ihrem
Eigentum stehendes Inventar in die Mieträume ein. Wenig später erfolgt eine
Sicherungsübereignung dieser Sachen an ihre finanzierende Bank. Der Vermieter verzichtet
auf sein Vermieterpfandrecht. Ende 2006 wird das Objekt verkauft. Anfang 2008 wird das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Mieterin eröffnet. Der Erwerber des Objektes
macht als neuer Vermieter gegenüber dem Insolvenzverwalter sein Vermieterpfandrecht am
Inventar und sein daraus abzuleitendes Absonderungsrecht geltend. Der Insolvenzverwalter
verwertet zwar das Inventar, zahlt den Erlös aber an die finanzierende Bank aus. Der
Erwerber macht mit der Klage Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter in
gleicher Höhe geltend, weil tatsächlich ihm der Erlös aufgrund seines Vermieterpfandrechtes
zustehen würde.
Entscheidungsgründe
Die Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Die Revision hat erfolgt. Der BGH verweist
die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG. Es sei nicht richtig, dass dem
Vermieterpfandrecht des Erwerbers nur die Sachen unterfielen, die im Zeitpunkt der
Begründung des neuen Mietverhältnisses noch im Eigentum des Mieters stehen. Mit dem
Eigentümerwechsel sei zwar ein neues Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der Mieterin
entstanden. Für die Bestimmung des Inhalts dieses Mietverhältnisses gelte allerdings der
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. § 566 Abs. 1 BGB ordne an, dass der Erwerber an die
Stelle des Veräußerers trete, so dass seine Rechte und Pflichten inhaltlich mit denen
übereinstimmen, die dem Veräußerer bei Hinwegdenken des Eigentumsübergangs zustünden.
Der Eigentumsübergang zwischen Erwerber und Veräußerer sei daher auch nicht der
maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine in den Mieträumen eingebrachte
Sache dem Vermieterpfandrecht des Erwerbers unterliege. Für die Entstehung des
Vermieterpfandrechtes gemäß § 562 Abs. 1 S. 1 BGB komme es auf den Zeitpunkt der Einbringung der dem Mieter gehörenden Sachen in die Mieträume an. Das gelte auch dann,
wenn erst künftig entstehende Forderungen aus dem Mietverhältnis gesichert werden. Eine
erst nach der Einbringung an die Bank erfolgte Sicherungsübereignung ließe das bereits
entstandene Pfandrecht des Vermieters daher unberührt. Auch für den Erwerber sei ein
eigenständiges Vermieterpfandrecht entstanden, das dieselben Sachen (Inventar) erfasse wie
das Vermieterpfandrecht des Veräußerers und im gleichen Rang mit diesem stehe.
Praxishinweis
Die Begründung des BGH stellt vor allem auf den Schutzzweck von § 566 BGB ab. Bei dieser
Norm handelt es sich um eine mieterschützende Vorschrift, die für den Mieter gegenüber dem
neuen Vermieter seine Rechtsposition so erhalten soll, als wenn es einen Eigentümerwechsel
gar nicht gegeben habe. Dagegen soll keine Besserstellung des Mieters durch den
Vermieterwechsel erfolgen. Die Urteilsgründe des OLG hätten aber gerade eine solche
Besserstellung zur Folge gehabt. Sollte der Veräußerer noch Interesse an seinem
Vermieterpfandrecht haben, müssen die Kaufvertragsparteien im Kaufvertrag Regelungen
treffen, die ihr Innenverhältnis in Bezug auf das gleichrangige Vermieterpfandrecht klären.
Die Entscheidung gibt zudem Anlass, die Verwertungspraxis von Insolvenzverwaltern genauer
zu überprüfen. Der Rechtsstreit wurde an das OLG zurückverwiesen, um die übrigen
Tatbestandsvoraussetzungen für den Schadensersatzanspruch festzustellen (Verschulden des
Insolvenzverwalters und Schaden des Klägers).