Strenge Amtspflichten für Notare
BGH, Urteil vom 25.06.2015, III ZR 292/14
Sachverhalt
Ohne Besichtigung kaufte ein Interessent eine Eigentumswohnung, erhielt allerdings den
Kaufvertragstext erstmalig anlässlich des Beurkundungstermins. Der Notar wies den Käufer
darauf hin, dass das Gesetz eine Wartefrist zwischen Erhalt des Entwurfes des Kaufvertrages
und der Beurkundung vorsieht. Gleichwohl bestand der Erwerber auf Beurkundung. Der Notar
nahm deshalb in den notariellen Kaufvertrag den Hinweis auf, dass der Käufer auf die Frist
verzichte und auf sofortiger Beurkundung bestehe. Vereinbart wurde zusätzlich ein befristetes
Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag für beide Parteien.
Nach Zahlung des Kaufpreises wurde der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch
eingetragen. Später verlangte der Käufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages und erhob
eine entsprechende Klage gegen den Notar wegen Amtspflichtverletzung.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab: Der Übereilungsschutz sei
jedenfalls durch das vertragliche Rücktrittsrecht gewährleistet gewesen.
Entscheidungsgründe
Anders der BGH, der die Vorinstanzen nicht bestätigte und den Rechtsstreit an das
Berufungsgericht zurückverweist. Dieses solle jetzt klären, ob die vom BGH festgestellte
Amtspflichtverletzung des Notars kausal für den Schaden war.
Ein freies Rücktrittsrecht ersetze nicht die gesetzliche Pflicht des Notars zur Einhaltung der
Regelfrist von zwei Wochen. Vielmehr solle der Verbraucher bei Immobiliengeschäften vor
einem übereilten und unüberlegten Handeln geschützt werden. Ein einseitiger Verzicht des
Verbrauchers sei nicht zulässig, da es sich um eine Amtspflicht des Notars handele. Die
vereinbarte Rücktrittsfrist sei jedenfalls dafür kein angemessener Ersatz.
Ein Schadensersatzanspruch des Käufers in Höhe des Kaufpreises sei allerdings dann zu
verneinen, wenn der Notar nachweist, dass der Käufer auch bei Einhaltung der Wartefrist
gekauft hätte. Das Berufungsgericht habe deshalb jetzt die Ursächlichkeit für den
eingetretenen Schaden zu prüfen, ein Fall bloßer Kaufreue reiche dafür nicht aus.
Anmerkung
Die jetzt vom Notar verlangte Beweisführung, dass auch bei Ablehnung der Beurkundung der
Käufer nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist den Kaufvertrag zu gleichen Bedingungen
abgeschlossen hätte, ist zu begrüßen. Später festgestellte Fehl-Investitionen eines Käufers
sind jedoch so nicht einfach von „Schnäppchenjägern“ zurückzudrehen.