Parteiwille entscheidet bei Abgrenzung von Wohn– zu Gewerberaummiete
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 31.01.2013, Az. 2-32 O 176/12
Sachverhalt
In einem Formularmietvertrag für Wohnraum haben die Parteien das Wort „Wohnen“ durch „Praxis“ ersetzt, allerdings mit dem Recht, 121 qm gewerblich und 64 qm zu Wohnzwecken zu nutzen. Die im Vertrag vorgedruckten Regeln für Wohnraumkündigung sind gestrichen Der Mieter nutzt die Räume sowohl als Arztpraxis als auch zu Wohnzwecken. Der Vermieter kündigt den Mietvertrag mit der gesetzlichen Kündigungsfrist für Gewerbe und verklagt den Mieter auf Räumung.
Entscheidung
Das Landgericht Frankfurt lässt in seinen Entscheidungsgründen keinen Zweifel daran, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien als Gewerberaummietverhältnis zu qualifizieren und damit ordentlich kündbar ist: Nach dem bei Abschluss des Vertrages nach außen erkennbar gewordenen Nutzungswillen der Parteien lag der Schwerpunkt des Mietverhältnisses auf dem Gewerberaum. Das schon deshalb, weil der beklagte Arzt aus der Tätigkeit in den Praxisräumen seinen Lebensunterhalt zu beziehen beabsichtigte. Die Vorstellung des Mieters, die Mieträume auch zu Wohnzwecken nutzen zu wollen, sei deshalb unbeachtlich, sofern die Parteien diesen Nutzungszweck nicht einvernehmlich im Mietvertrag festgehalten haben oder dies später ändern. Denn mit der eindeutig formulierten Nutzungsbefugnis durch Änderung der Überschrift in einen Praxismietvertrag, sei das Mietverhältnis gewerblich geprägt und der Schwerpunkt des Mietverhältnisses ausdrücklich auf Gewerberaum gelegt worden.
Fazit
Ob Wohn- oder Gewerberaumnutzung den Vorrang haben soll, sollten die Parteien bereits im Mietvertrag deutlich zum Ausdruck bringen. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Wohnund Gewerberaummiete bei Mischmietverhältnissen ist der von den Parteien bei Vertragsschluss gemeinschaftlich vorausgesetzte Vertragszweck (BGH vom 16.04.1986, VIII ZR 60/85). Fehlt eine vertragliche Regelung, ist nach der Entscheidung des BGH die sog. Übergewichtstheorie maßgebend. Danach sind bei der Prüfung des Vertragszwecks alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, so z.B. auch die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen und deren Mietwerte, soweit sich nicht – wie im vorliegenden Falle – bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergibt.