Gewerberaummietrecht Newsletter

Behördliche Untersagung des Betriebs mehrerer Spielhallen als Mangel des Mietobjektes

  1. Die auf § 45 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag gestützte behördliche Untersagung des Betriebs mehrerer Spielhallen in einem Gebäude stellt einen Sachmangel der Mietsache dar, wenn der Betrieb von mehreren Spielhallen als einer von mehreren im Mietvertrag bestimmt worden ist, denn die Ursache des behörd­lichen Verbots liegt in der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjektes.
  2. Ist in dem Mietvertrag das Risiko gewerberechtlicher Genehmigungen auf den Mieter vereinbart, führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Damit ist für gewöhnlich nicht die Überwälzung des Risikos der baulichen Beschaffenheit des Mietobjektes für den vereinbarten Vertragszweck vom Vermieter auf den Mieter gewollt.

OLG Hamm, Urteil vom 08.04.2020; 30 U 107/19

Sachverhalt

Die Parteien streiten über Mietminderungsansprüche aus einem Gewerberaummietvertrag. Die Räume waren u.a. zum Betrieb von mindestens drei Spielstätten als Vertragszweck vermietet worden. Unter der Überschrift „Vertragsgegenstand, Mietzweck“ ist außerdem geregelt, dass

für diesen Zweck erforderliche eigentumsrechtliche Zustimmungen und behördliche Nutzungsgenehmigungen vom Vermieter auf seine Kosten beantragt werden und für den genannten Zweck erforderliche ordnungsrechtliche und gewerberechtliche Genehmigungen sowie die Erfüllung der darin enthaltenen Auflagen ausschließlich Sache des Mieters sind; ent­sprechendes gelte für die Erfüllung betriebsbezogener Vorschriften.

Die Klägerin und Hauptmieterin vermietete das Objekt ab dem 01.11.2015 unter. Von da an wurden in dem Objekt drei Spielhallen betrieben. Am 23.12.2015 erhielt die Untermieterin die behördliche Erlaubnis zum Betrieb dreier Spielhallen in dem Mietobjekt befristet bis zum 30.11.2017. Am 06.10.2016 nahm die Klägerin ihr Optionsrecht auf Vertragsverlängerung war. Mit Bescheid vom 29.1. 2018 teilte die Stadt der Untermieterin mit, dass aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 25 Abs. 2 GlüStV ein weiterer Betrieb aller drei Spielhallen nicht in Betracht komme, da ein Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachkonzessionen vorliege. Sie wurde aufgefordert zwei Spielhallen bis zum 02.02.2018 zu schließen. Das Gesetz ist seit dem 01.07.2012 in Kraft.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Minderungsrecht zu, weil die Mietsache aufgrund der Gesetzesänderung mangelhaft geworden sei. Der Vertragszweck könne aufgrund der gesetzlichen Reduzierung auf eine Spielhalle nicht mehr ermöglicht werden. Die Nutzungs­beschränkung sei allein auf die Beschaffenheit der Mietsache zurückzuführen sei. Der Vertrag sei außerdem anzupassen. Die Preisgestaltung habe sich bei Abschluss des Mietvertrages an den drei Spielhallen orientiert und nicht an einer Spielhalle mit Gastronomiebetrieb und Wett­büro. Das Landgericht weist die Klage ab.

Entscheidung

Auch die Berufung wird zurückgewiesen. Das OLG bejaht allerdings einen Mangel der Miet­sache. Werden Mieträume zu einem konkreten Betriebszweck überlassen, müssen sich die Räume in einem Zustand befinden, der die Aufnahme des Betriebes auch in rechtlicher Hin­sicht uneingeschränkt zulässt. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Beschrän­kungen stellen daher grundsätzlich einen Sachmangel dar, wenn sie ihre Ursache in der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjektes in deren Beziehung zur Umwelt haben. Dies gelte auch dann, wenn der beabsichtigte Betrieb durch die öffentlich-rechtlichen Beschrän­kungen nicht untersagt, aber quantitativ eingeschränkt wird, vor. In Abgrenzung zu der Ent­scheidung des Bundesgerichtshofes (NJW 2011,3151) in der der BGH ein Rauchverbot in öffentlichen Gaststätten nicht als Mangel der Mietsache angesehen hatte, knüpfe § 25 GlüStV an die bauliche Beschaffenheit und nicht an die betrieblichen Verhältnisse des Mieters an. Dem gegenüber stelle das Nichtraucherschutzgesetz auf die konkrete Nutzungsart ab. Das Verbot beziehe sich daher auf die Art und Weise der Betriebsführung des Mieters und unter­sage den Betrieb der Gaststätte selbst in dem Mietobjekt gerade nicht. Dieses Verwendungs­risiko trage allein der Mieter.

Der Vertrag regele auch keine davon abweichende Risikoverteilung. Mit dem Passus „ordnungsrechtliche und gewerberechtliche Genehmigungen sind Sache des Mieters“ seien allein die Kriterien der Gewerbeordnung, die im Einflussbereich des Betreibers liegen, erfasst worden. Die erforderlichen gebäudebezogenen Umstände sollten weiterhin in den Verantwor­tungsbereich des Vermieters fallen.

Ein Minderungsanspruch wird allerdings trotzdem versagt. Das OLG nimmt ein treuwidriges widersprüchliches Verhalten der Klägerin gemäß § 242 BGB an, weil das Optionsrecht zu einem Zeitpunkt ausgeübt worden ist, als die Gesetzesänderung bereits in Kraft und der Mieterin daher bekannt gewesen sein musste. Der Sachmangel sei daher von Ihr selbst erst herbeigeführt worden.

Darüber hinaus verneint das OLG auch Ansprüche auf eine Vertragsanpassung wegen Weg­falls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Voraussetzung für eine Vertragsan­passung sei, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Hin­zukommen müsse außerdem, dass einem Vertragsteil das Festhalten an dem unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne. Die vertragliche Risikoverteilung soll dabei durch § 313 BGB grundsätzlich nicht unterlaufen werden soll, es sei denn, es läge ein Fall krasser Unbilligkeit vor. Im Hinblick auf die bereits angenommene Treuwidrigkeit wird eine solche Unbilligkeit zugunsten der Klägerin verneint.

Fazit

Das Urteil ist interessant im Hinblick auch auf die weiteren Gerichtsentscheidungen zu den „Corona-Fällen“. Es setzt sich ausführlich mit der Risikoverteilung zwischen den Vertrags­parteien auseinander. Der Vermieter trägt das Risiko des baulichen Zustandes der Mietsache. Der Mieter trägt das Verwendungsrisiko und das Risiko der Betriebsführung. Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsgemäßen Gebrauches durch öffentlich-rechtliche Anord­nungen, kann dies zwar einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der kon­kreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjektes in Zusammenhang steht. Maßnahmen die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters.

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