Die Anordnung einer Betreuung mit dem Aufgabenkreis „Wohnungsangelegenheiten“ muss erforderlich sein
BGH, Beschluss vom 18.11.2015; XII ZB 16/15
Sachverhalt
Eine neurotische Persönlichkeitsstörung war wohl letztlich der Grund dafür, dass das Amtsgericht Berlin im Jahre 2005 für eine Berliner Mieterin einen Betreuer mit den Aufgabenkreisen Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Einrichtungen und – später – vor Gerichten bestellte. Danach kam es viermal zum Wechsel der von dem Gericht eingesetzten Berufsbetreuerinnen, die nach Meinung der Betreuten ihre Erwartungen nicht erfüllen konnten. Im Jahr 2014 wünschte sie deshalb erneut einen Betreuerwechsel, was das Amtsgericht und das Landgericht Berlin ablehnten und die Betreuung aufhoben. Die Rechtsbeschwerde der Berlinerin zum BGH blieb erfolglos.
Gründe
Mit dem Beschwerdegericht geht auch der BGH davon aus, dass ein Betreuungsbedarf nicht
(mehr) ersichtlich ist. Weder sei die Betroffene durch Krankheit oder Behinderung der
Organisation ihres Wohnbereichs leistungsunfähig noch drohe ihr insoweit ein erheblicher
Schaden. Sie lebe in einer Mietwohnung. Anhaltspunkte dafür, dass sie krankheitsbedingt ihre
mietvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen könne, seien nicht festgestellt
worden. In einem Rechtsstreit mit ihrem Vermieter lasse sie sich deshalb auch durch den
Mieterverein, dessen Mitglied sie sei und einen Rechtsanwalt vertreten. Ihre Erwartung, dass
ein neu bestellter Betreuer sie uneingeschränkt unterstützen und bei Rechtsanwälten und
Gerichten für ihr Anliegen eintreten werde, sei nicht Zweck der Betreuung in diesem
Aufgabenkreis. Für den ursprünglich von der Betreuungsanordnung erfassten Aufgabenbereich
bestehe mithin kein konkreter Bedarf mehr, die Betreuung sei deshalb von Amts wegen
aufzuheben.
Anmerkung
Offenbar ist der jahrelange Verlauf der Betreuung keine geeignete Hilfe für die betroffene
Berlinerin gewesen. Dies dürfte jedoch kaum an den vier tätig gewesenen Betreuerinnen
gelegen haben, die die persönlichen Beratungen ihrer Betreuten nicht erfüllen konnten oder
wollten. Sie sahen sich zu Recht nicht als Vermittler zwischen der Betreuten, ihren Anwälten
oder dem jeweiligen Gericht an, um in erster Linie für das Anliegen und das Verständnis ihrer
Patientin zu werben. Es liegt nicht völlig fern, von einer „Unbetreubarkeit“ im Rechtssinne zu
sprechen, denn nach dem unstreitigen Sachverhalt ist der mit der Bestellung des Betreuens
erstrebte Erfolg nicht zu erreichen. Ein Betreuer, der seine Aufgaben nicht wirksam
wahrnehmen kann, wird zum Wohle des Betroffenen nichts bewirken können.