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Die talentfreie Abrissbirne

AG Charlottenburg, Urteil vom 30.01.2015, Az. 216 C 461/14

Sachverhalt

Die Parteien verbindet ein schriftlicher Wohnungsmietvertrag aus dem Jahre 1998. Ein Mieter bezeichnet den bei der Vermieterin als Objektbetreuer angestellten Mitarbeiter als „faul“ und einen anderen Mieter in einem Telefonat mit einem Angestellten der Vermieterin als „talentfreie Abrissbirne“.
Die Klägerin kündigt daraufhin das Mietverhältnis fristlos und vorsorglich auch fristgemäß. Die
von ihr erhobene Räumungsklage bleibt vor den ordentlichen Gerichten erfolglos.

Entscheidungsgründe

Welche Äußerung auch immer vom Mieter gemacht wurde: Die Kündigung ist nicht gerechtfertigt,
urteilt der Berliner Amtsrichter und zwar „unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt“. Es könne offen bleiben, ob die Bezeichnungen der Mitarbeiter der Vermieterin beleidigenden Charakter haben: Im Spektrum der denkbaren Beleidigungen wären sie als eher weniger schwerwiegend einzuschätzen. Eine Kündigung sei allenfalls dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn es zu einer Wiederholung ähnlicher Äußerungen nach erfolgloser Abmahnung gekommen wäre. Eine bloße Unhöflichkeit genüge nicht, Voraussetzung sei vielmehr ein Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung. Davon könne im entschiedenen Fall nicht die Rede sein, die Äußerungen des Mieters seien deshalb auch keine „nicht unerhebliche“ Pflichtverletzungen.

Anmerkung

Typischer „Berliner Jargon“, Unhöflichkeit oder doch schon eine Beleidigung? Der Berliner Richter möchte die Entscheidung dieser Frage wohl gern offen lassen, behilft sich jedoch mit „weniger schwerwiegend“ einzuschätzenden Beleidigungen „ohne besonderes Gewicht“. Er neigt wohl mehr zur Unhöflichkeit, nicht jedoch zu einem unzumutbaren Angriff auf die Ehre eines anderen.
Aber: Ist eine „talentfreie Abrissbirne“ nicht die Bezeichnung auch für einen „Dummkopf“ oder eine „Dumpfbacke“? Wie auch immer: Zutreffend ist, dass eine wirksame Kündigung im entschiedenen
Fall erst nach einer erfolglosen Abmahnung einer Räumungsklage zum Erfolg hätte helfen können.


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