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Schimmelbefall: mehr als sechsmaliges Lüften täglich ist nicht zumutbar!

LG Berlin, Urteil vom 15.04.2016; Az. 65 S 400/15

Sachverhalt

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung, die in diversen Räumen von Schimmel befallen ist. Er
verklagt den Vermieter auf Beseitigung, der dies unter Berufung auf ein falsches
Lüftungsverhalten seitens des Mieters ablehnt. Ein hinzugezogener Sachverständiger weist auf
die sehr dichte Bauweise des Gebäudes hin, die die Notwendigkeit eines angepassten
Lüftungsverhaltens von etwa sechs- bis achtmaligem Stoßlüften pro Tag nach sich zieht. Dies
befindet das Amtsgericht für unzumutbar und verurteilt den Beklagten zur Beseitigung,
woraufhin dieser Berufung zum Landgericht Berlin einlegt.

Entscheidung

Das Landgericht Berlin bestätigt das erstinstanzliche Urteil weitestgehend. Die Bauweise der
Wohnung mit besonders dichten Kunststofffenstern bedinge, dass der erforderliche
Luftaustausch ausschließlich durch das Lüften erfolgen könne. Bei der vom Mieter mit seiner
Frau und den drei Töchtern bewohnten Wohnung könne nur ein mehr als sechsmaliges
Stoßlüften bei vollständig geöffneten Fenstern Schimmel verhindern. Ein Lüftungsaufwand von
mehr als drei- bis viermal täglich sei dem Mieter jedoch nicht zuzumuten. Dies könne auch
nicht mit der Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen multipliziert werden; es komme
lediglich auf die erforderliche Häufigkeit des Lüftens an. Der Vermieter seinerseits sei dazu
verpflichtet, ein Raumklima zu schaffen, in dem kein mehr als dreimaliges Lüften täglich
notwendig ist. Gegebenenfalls müsse er für zusätzliche Entlüftungsvorrichtungen sorgen.

Praxishinweis

Bei Schimmelpilzbefall wird vom Vermieter regelmäßig ein falsches Lüftungsverhalten des Mieters unterstellt. Der Vermieter muss jedoch beweisen, dass die Ursache nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammt. Hat der Mieter den Mangel nicht zu vertreten – wobei ein drei- bis viermaliges Stoßlüften auch für berufstätige Mieter keine unzumutbare Belastung darstellt (so auch LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.01.2015 – 2-17 S 51/14) – und weigert sich der Vermieter, den in mehreren Räumen auftretenden Schimmel zu beseitigen, kann der Mieter Gewährleistungsrechte wie Minderung oder Beseitigung geltend machen.

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