Allgemein Newsletter Wohnraummietrecht

Betriebskosten: Ausschlussklausel ohne Ausschlusswirkung

BGH, Urteil vom 20.01.2016; VIII ZR 152/15

Sachverhalt

Der Mieter einer Wohnung in Berlin hatte mit seinem Vermieter formularmäßig in einem Wohnraummietvertrag u. a. vereinbart, dass „spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres über die vorangegangene Heizperiode abzurechnen“ ist.

Die Klage des Vermieters auf Zahlung einer Nachforderung aus Heiz- und Wasserkosten bliebt in zwei Instanzen erfolglos. Der BGH hob jetzt das Berufungsurteil im Revisionsverfahren auf und verweist den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin zurück.

Entscheidungsgründe

Auf immerhin 17 Seiten befasst sich der VIII. Senat des BGH in seinem Urteil mit der Frage, ob der Mieter aufgrund der mietvertraglichen Formularklausel, wonach „spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres über die vorangegangene Heizperiode abzurechnen“ ist, eine Ausschlussfrist dahin beizumessen ist, dass der Vermieter mit Ablauf dieser Frist gehindert ist, Heizkostennachforderungen geltend zu machen. Der BGH verneint dies; dabei befasst er sich zunächst umfänglich mit der Frage, wann die Unklarheitenregel des § 305c Abs.2 BGB zur Anwendung kommen darf: Erst dann, wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind.

Im entschiedenen Fall komme, so der BGH, allein die Auslegungsmöglichkeit in Betracht, dass die vertragliche Klausel im Mietvertrag Nachforderungen bei verspäteter Abrechnung der Heizkosten nicht ausschließt.

Dafür sprechen auch viele Gründe, die der BGH in seiner Entscheidung ausführlich darstellt, u.a. auch der Wortlaut der Klausel, dass nur eine Abrechnungsfrist und nicht zugleich auch Sanktionen für den Fall einer verspäteten Abrechnung getroffen worden sind. Es sei nämlich allein davon die Rede, dass bis 30. Juni eines jeden Jahres abzurechnen sei, nicht aber dass der Vermieter, der diese Frist nicht wahrt, verschuldensunabhängig mit Nachforderungen ausgeschlossen sein soll. Das ergebe sich insbesondere nicht aus dem Vertragswortlaut „spätestens“. Diese Formulierung bedeute nur die Vereinbarung einer Höchstfrist, die dem Vermieter aber nicht das Recht abschneiden solle, eine bislang versäumte Abrechnung über Nebenkosten nachzuholen.

Anmerkung

Die vom BGH gefundene Auslegung ist rechtlich haltbar, obwohl auch bei einem „verständigen und redlichen Vertragspartner“ ‑ wie ihn der BGH mehrfach bezeichnet ‑ der objektive Erklärungsinhalt bei weniger juristischer Betrachtung ein anderer sein könnte. Das Landgericht Berlin wird sich jetzt mit der Frage zu befassen haben, ob die Heizkostennachforderung inhaltlich berechtigt ist oder nicht.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner