Scheidungsfolgen in Wohnraummietverhältnissen
BGH, Beschluss vom 09.01.2019; VIII ZB 26/17
Sachverhalt
Ein Ehepaar war Eigentümer eines Wohngebäudes mit jeweils einem hälftigen ideellen Miteigentum an dem Grundstück. Eine Wohnung in dem Gebäude wurde mit Vertrag vom 01.10.2013 vermietet, anschließend gingen die Eheleute getrennte Wege und die Eheleute verständigten sich auf eine Übertragung des Miteigentumsanteils des Ehemannes, so dass die Ehefrau Alleineigentümerin des Grundstückes wurde. Nach der Eigentumsübertragung kündigte die Ehefrau das Mietverhältnis im Februar 2016 und nahm den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.
Der Mieter trat der Kündigung des Mietverhältnisses zunächst entgegen, zog jedoch im laufenden gerichtlichen Räumungsrechtsstreit aus. Die Alleineigentümerin bekam die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, da die Räumungsklage ohne Aussicht auf Erfolg war. Es habe eine unzulässige Teilkündigung des Mietverhältnisses vorgelegen, da auch der Ehemann der nunmehrigen Alleineigentümerin weiterhin Vermieter der Wohnung geblieben sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Alleineigentümerin blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat bestätigt die Auffassung der Instanzgerichte, dass die Kündigung nicht zu einer Beendigung des Mietverhältnisses geführt haben kann. Die Übertragung des Miteigentums von dem Ehemann auf die Ehefrau blieb in dem Mietverhältnis ohne Wirkung. Das Gesetz ordnet in § 566 Abs. 1 BGB an, dass bei einer Veräußerung eines vermieteten Grundstückes der Erwerber in das Mietverhältnis eintritt. Dieser Grundsatz des „Kauf bricht nicht Miete“ erfordert jedoch eine Veräußerung an einen Dritten, während in dem hier zu Grunde liegenden Sachverhalt lediglich eine Übertragung innerhalb der Bruchteilsgemeinschaft erfolgte. Es liegt mithin keine Veräußerung an einen Dritten vor. Der BGH verneint sodann auch eine analoge Anwendung des § 566 BGB und führt an, dass der Sinn und Zweck dieser Vorschrift darin liegt, den Mieter vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber einem neuen Erwerber im Falle der Veräußerung der Mietsache zu gewähren. Dieser Schutzzweck wird jedoch von vornherein nicht berührt, wenn einer von zwei vermietenden Miteigentümern seinen Eigentumsanteil auf den anderen überträgt, so dass dieser Alleineigentümer der Mietsache wird. Der nunmehrige Alleineigentümer ist weiterhin an den selbst abgeschlossenen Mietvertrag gebunden, so dass ein Verlust des
Besitzrechts auf Seiten des Mieters durch den Veräußerungsvorgang nicht eintreten kann, daher scheide eine analoge Anwendung des § 566 BGB aus.
Der vormalige Ehemann hatte mithin wirksam sein Miteigentum auf die Ehefrau übertragen, blieb jedoch in der Vermieterstellung, so dass die nur durch die Ehefrau ausgesprochene Kündigung unwirksam blieb.
Fazit
Die Rechtsfolge, die der BGH aufzeigt, überrascht zunächst, da die getrennten Eheleute sicher das Mietverhältnis nicht gemeinschaftlich fortführen wollten. Der BGB zeigt jedoch zutreffend auf, dass eine unmittelbare Anwendung des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“ hier mangels Erwerb durch einen Dritten nicht eingreift und auch eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht möglich ist.
Die gewünschte Scheidungsfolge bei dem Miteigentum an einem vermieteten Objekt kann mithin nur erreicht werden, wenn mit dem Mieter ein entsprechender Nachtrag zum Mietvertrag geschlossen wird oder aber die Eheleute anstelle der Bruchteilsgemeinschaft das Grundstück mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechs erwerben. Bei einer BGB-Gesellschaft kann eine Übertragung des Gesellschaftsanteils von einem Mitgesellschafter auf den anderen Gesellschafter der Gestalt erfolgen, dass dieser sämtliche Anteile erwirbt und die BGB-Gesellschaft sodann erlischt. Im Wege der Sonderrechtsnachfolge durch so genannte Anwachsung kann der verbliebene Gesellschafter sodann auch alleinig die Kündigung des Mietverhältnisses erklären.