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Anforderungen an die Härtefallklausel bei ordentlichen Kündigungen

BGH, Urteil vom 22.05.2018; VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17

Hintergrund

DieEntscheidungen beschäftigen sich mit der Frage, wann ein Mieter nach einer ordentlichen Kündigung die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen unzumutbarer Härte (§ 574 BGB) verlangen kann.

Sachverhalt (Verfahren VIII ZR 180/18)

Die Mieterin ist eine 87 Jahre alte Frau, die seit 1974 zusammen mit ihren beiden über 50 Jahre alten Söhnen in einer 73 m² großen Wohnung in Berlin lebt. Der Kläger begehrt Eigenbedarf um mit seiner Ehefrau und zwei Kleinkindern in die Wohnung zu ziehen, die er im Jahr 2015 zum Zwecke der Eigennutzung erworben hat. Bislang lebt er in einer 57 m² großen Zweizimmerwohnung. Die Beklagte beruft sich auf eine unzumutbare Härte, weil ihr ein Umzug aufgrund ihres Alters, ihrer Verwurzelung in der Umgebung sowie einer fortschrei­tenden Demenzerkrankung nicht zumutbar sei. Der Umzug würde zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandszustandes führen. Das Berufungsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen und einen Härtefall bejaht.

Sachverhalt (Verfahren VIII ZR 167/17)

Die Beklagten zu 1. und 2. sind seit 2006 Mieter einer Doppelhaushälfte und leben dort zusammen mit dem volljährigen Sohn und dem Bruder des Beklagten zu 2. Die Kläger machen Eigenbedarf mit der Begründung geltend, dass die geschiedene Ehefrau in die Doppelhaushälfte einziehen wolle, um ihre in der Nähe lebende betagte Großmutter besser betreuen zu können. Die Beklagten berufen sich auf eine unzumutbare Härte, weil der Bruder des Beklagten zu 2. in die Pflegestufe 2 eingruppiert sei und an diversen Erkrankungen (Schizophrenie, Alkoholkrankheit, Inkontinenz, Demenz, Abwehrhaltung bei der Pflege) leide. Ein erzwungener Umzug würde zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheits­zustandes führen. Die Vorinstanzen haben der Räumungsklage stattgegeben. Dem ange­botenen Sachverständigenbeweis wurde nicht nachgegangen. 

Entscheidungen

Der BGH hat die Urteile in beiden Fällen aufgehoben und zur weiteren Sachaufklärung an die Landgerichte zurückverwiesen. Aufgrund der jeweils grundrechtlich geschützten Belange der Mietvertragsparteien (Eigentum und Gesundheit) sei eine umfassende Sachverhaltsaufklärung und eine besonders sorgfältige Abwägung erforderlich, ob im jeweiligen Einzelfall die Inte­ressen des Mieters an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses denjenigen des Vermieters an der Beendigung überwiegen würden. Im erstgenannten Verfahren sei die Entscheidung auf einer nicht tragfähigen tatsächlichen Grundlage ergangen, weil die erforderliche Härtefall­abwägung ohne Aufklärung über behaupteten Verschlechterungen des Gesundheitszustandes erfolgt sei. In dem Verfahren 167/17 habe es das Landgericht versäumt, ein Sachverstän­digengutachten zu den Auswirkungen eines erzwungenen Umzugs auf den Gesundheits­zustand einzuholen. Die erforderliche Abwägung zwischen den Parteiinteressen habe nicht stattgefunden. Der BGH lehnt außerdem die Bildung allgemeiner Fallgruppen (Alter des Mieters, bestimmte Mietdauer etc.) bei denen generell die Interessen einer Partei überwiegen sollen ab.

Fazit

Die Entscheidung muss nicht davor abschrecken, eine auf Eigenbedarf gerichtete Räumungs­klage einzureichen. Der BGH hatte bereits mit Urteil vom 15.03.2017 – VIII ZR 270/15 – entschieden, dass die Gerichte sich beim Fehlen eigener Sachkunde mittels Sachverständigen-hilfe ein genaues Bild über die gesundheitlichen Folgen eines drohenden Umzuges zu verschaffen hätten. Eine Zunahme von Härtefällen hat es in der Rechtsprechung dennoch nicht gegeben. Bejahte Härtefälle dürften immer noch die absolute Ausnahme darstellen. Sind allerdings bereits zum Zeitpunkt der Kündigung besondere Gesundheits­beeinträchtigungen des Mieters bekannt, die Faktoren für eine unzumutbare Härte darstellen könnten, wäre dies bei der Abwägung der Erfolgsaussichten der Klage mit zu berücksichtigen.         

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