Abseitsfalle in der Zwangsvollstreckung
Wird in einem Räumungsvergleich lediglich das Stockwerk genannt, in dem die Wohnung liegt und gibt es auf diesem Stockwerk mehrere Wohnungen, so ist die zu räumende Wohnung nicht ausreichend bestimmt. Auch das Vorhandensein eines mit dem Namen des Mieters beschrifteten Klingelschildes genügt nicht, um die Wohnung ausreichend bestimmbar zu machen.
LG Heidelberg, Beschluss vom 02.08.2019; 5 T 39/19
Sachverhalt
Der Vermieter nahm den Mieter auf Herausgabe der Wohnung in Anspruch und in dem Rechtsstreit schlossen die Parteien des Mietverhältnisses vor dem Landgericht Heidelberg im Berufungsverfahren einen Räumungsvergleich, in dem sich der Mieter verpflichtete, die Wohnung zum 31.12.2018 herauszugeben. In der Vereinbarung wurde die Wohnung als Wohnung im ersten Obergeschoss bezeichnet. Der Mieter zog nicht aus und in der Räumungsvollstreckung lehnte der örtliche Gerichtsvollzieher die Räumung der Wohnung ab, da die zu räumende Wohnung in dem Vollstreckungstitel nicht hinreichend genau bestimmt sei. Der Vermieter machte von dem Rechtsmittel der sogenannten Gerichtsvollziehererinnerung Gebrauch, um den Gerichtsvollzieher anweisen zu lassen, die Vollstreckung durchzuführen, blieb vor dem Amtsgericht indes ohne Erfolg.
Entscheidung
Die sofortige Beschwerde des Vermieters gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes blieb auch vor dem Landgericht Heidelberg ohne Erfolg, sodass aus dem gerichtlichen Vergleichsprotokoll die Räumungsvollstreckung endgültig gescheitert ist.
Das Landgericht Heidelberg führt an, dass die Bezeichnung der zu räumenden Wohnung nicht ausreichend sei, da im ersten Obergeschoss des Gebäudes zwei Wohnungen vorhanden sind und zur Durchführung der Herausgabevollstreckung muss die Lage der zu räumenden Wohnung sich zweifelsfrei aus der Vergleichsvereinbarung ergeben. Die etwaige Bestimmbarkeit der Mietsache aus anderweitigen Unterlagen sei nicht hinreichend, eine etwaige Auslegung des gerichtlichen Vergleiches darf sich nur auf den protokollierten Inhalt beschränken, insoweit verweist das Landrecht Heidelberg auf eine Entscheidung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 31.03.1993 zu XII ZR 234 / 91. Ein Namensschild an der Wohnung sei kein Beleg für die Identität der zu räumenden Wohnung mit der im Vergleichsprotokoll genannten Räumlichkeit, da Namensschilder beliebig angebracht und verändert werden können. Eine Bezugnahme auf das Grundbuch blieb ebenfalls ohne Erfolg, da im Grundbuch die Lage der Wohnung ebenfalls nicht benannt wird und auch eine Heranziehung der Bauakte kommt nicht in Betracht. Im Ergebnis stellt das Landgericht Heidelberg fest, dass die Räumungsvollstreckung aus der unvollkommen protokollierten Vergleichsvereinbarung nicht durchzuführen ist.
Fazit
Die Entscheidung zeigt ein typisches Problem in der Durchsetzung von Räumungsansprüchen in Mietangelegenheiten auf. In einem Räumungsurteil und auch in einem Räumungsvergleich muss die zu räumende Wohnung so konkret benannt sein, dass ohne Hinzunahme weiterer Unterlagen der Gerichtsvollzieher imstande ist, die Mietsache aufzufinden und ohne Zuhilfenahme weiterer Angaben die Räumung vornehmen kann. In vielen Mietverhältnissen ist bereits im Mietvertrag die Angabe der Belegenheit der Wohnung ungenau und dies setzt sich nicht selten auch in den gerichtlichen Verfahren sodann fort. Unklare oder fehlerhafte Angaben, die Verwechslung von links und rechts und ähnliche Misslichkeiten können zum Scheitern der Räumungsvollstreckung führen und auch die unklare Bezeichnung von Abstellräumen außerhalb der Wohnung stellen ein erhebliches Problem in der Räumungsvollstreckung dar. Da die Prozessbevollmächtigten in der Regel keine persönliche Kenntnis von den örtlichen Gegebenheiten haben, sollte bei der Beauftragung von Räumungsangelegenheiten eine sorgfältige Prüfung und Zuarbeit durch richtige und präzise Angaben erfolgen.