Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Erstbestellung eines Verwalters: Keine Bonitätsprüfung – keine Bestellung

Wird der Bestellungsbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt, ist er als von Anfang an nichtig anzusehen, der Verwalter verliert rückwirkend seine Verwalterstellung. Dement­sprechend handelt es sich bei der erneuten Wahl desselben Verwalters auch nicht um eine Wiederbestellung, sondern um eine Erstwahl des Verwalters.

Im Rahmen der ersten Bestellung eines neuen Verwalters haben die Wohnungseigentümer eine Prognose anzustellen, ob der zu bestellende Verwalter das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird. Zu den bei der anzustellenden Prognose zwingend zu berück­sichtigenden Umständen gehört insbesondere die Bonität des zu Bestellenden.

Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität der als Verwalter vorge­sehenen Person zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beur­teilungsspielraums nur, wenn sie diese Fragen klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte, andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt.

LG Nürnberg/Fürth, Beschluss vom 20.05.2020; 14 S 6820/19

Sachverhalt

Die Kläger sind Miteigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie beantragen beim Amtsgericht, den Beschluss vom 24.09.2019, mit dem ein Verwalter bestellt wurde, für ungültig zu erklären. Dem Rechtsstreit war ein weiterer Rechtsstreit vorausgegangen, indem es ebenfalls um eine Bestellung des gleichen Verwalters im Rahmen eines Beschlusses vom 28.06.2018 ging. In diesem Rechtsstreit wurde der Bestellungsbeschluss vom 28.06.2018 für unwirksam erklärt, weil Alternativangebote nicht vorgelegen hatten. Zu entscheiden war des­halb, ob es um die Wiederwahl eines Verwalters ging, weil der Verwalter seine Tätigkeit bis zur zweiten Eigentümerversammlung ausgeübt hatte, oder ob es um die Erstwahl ging, weil der erste Versammlungsbeschluss, der vom 28.06.2018, für unwirksam erklärt worden war.

Entscheidung

Das Landgericht bejaht, das vorliegend die Maßstäbe für die Neuwahl eines Verwalters heran­zuziehen sind, und nicht die Maßstäbe, die für die Wiederwahl eines Verwalters gelten. Wird, wie vorliegend, der Bestellungsbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt, verliert der Ver­walter rückwirkend seine Verwalterstellung. Dementsprechend liegt auch keine Wiederwahl vor, auch wenn der Verwalter faktisch einige Monate seine Tätigkeit ausgeübt hat.

Im Rahmen der ersten Bestellung haben die Wohnungseigentümer eine Prognose anzustellen, ob der zu Bestellende das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben werde. Zu den zu berücksichtigenden Umständen im Rahmen der Prognose gehört insbesondere die Bonität des zu Bestellenden. Ob von einer ausreichenden Bonität auszugehen ist, bestimmt sich nach den finanziellen Mitteln, über welche der Bewerber verfügt, nach dem Kredit, den er in Anspruch nehmen und nach den Sicherheiten, die er stellen kann. Eine Vermögensschadenhaftpflicht­versicherung kann hierbei gegebenenfalls eine fehlende Kapitalausstattung kompensieren. Weiter muss der Verwalter die Gewerbeerlaubnis nach § 34 c GewO vorlegen. Im zu entschei­denden Fall waren die Wohnungseigentümer ihren Prüfungspflichten nicht in dem erforder­lichen Maß nachgekommen. Ihnen war bekannt, dass über das Vermögen des Bewerbers das Insolvenzverfahren eröffnet war. Die Eigentümer hatten weder hierzu Nachforschungen ange­stellt, noch hatten sie sich die Haftpflichtversicherung des Bewerbers vorlegen lassen. Sie hatten weiterhin nicht geprüft, ob der Verwalter im Besitz einer Erlaubnis nach § 34 c GewO war. Damit ist für das Gericht davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer bei der Bestellung ihren Beurteilungsspielraum überschritten hatten und der Bestellungsbeschluss ungültig war.

Fazit

Die Entscheidung macht deutlich, welche Bedeutung der Bestellung eines neuen Verwalters zukommt. War die erstmalige Bestellung des Verwalters vorliegend schon am Fehlen der erforderlichen weiteren Verwalter-Bewerberunterlagen gescheitert, so war auch die erneute Bestellung nicht anfechtungsfest, da die Wohnungseigentümer ihrer notwendigen Prüfungs­pflicht nicht Genüge getan hatten.

Gründe für eine negative Prognose-Entscheidung können unter anderem sein:

Fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit, keine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, Vor­strafen, frühere erhebliche Pflichtverletzungen, vorherige Abberufung aus wichtigem Grund etc.

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