Wann handelt es sich um ein „Einfamilienhaus“ im Sinne der §§ 656a ff. BGB?
- Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.
- Der Annahme, dass ein Einfamilienhaus Wohnzwecken dient, steht nicht entgegen, dass darin eine Einliegerwohnung oder eine anderweitige gewerbliche Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur untergeordneter Bedeutung (hier: 1/5 der Gesamtfläche umfassender Büroanbau) vorhanden sind.
- Die Vorschrift des § 656c BGB, die lediglich den Fall des Abschlusses von Maklerverträgen zwischen dem Makler einerseits und andererseits jeweils den Parteien des Hauptvertrags regelt, ist entsprechend anzuwenden, wenn anstelle einer Partei des Hauptvertrags ein Dritter den Maklervertrag abschließt.
BGH, Urteil vom 06.03.2025; I ZR 32/24
Sachverhalt
Der Makler schließt mit Kaufinteressenten eine vorformulierte Vereinbarung über eine Provision von 3,57 % inkl. Mehrwertsteuer vom gesamten Wirtschaftswert des Kaufvertrages ab. Der Makler weist den beklagten Käufern eine Immobilie nach, die bebaut ist mit einem Einfamilienhaus nebst Büroanbau und Garage. Der Grundbesitz verfügt für Haus und Anbau jeweils über einen Eingang und eine Hausnummer. Der Makler war von der Ehefrau des Eigentümers mit der Vermarktung der Immobilie provisionspflichtig beauftragt. Der Makler hatte mit der Ehefrau des Verkäufers eine von der Provisionsvereinbarung mit dem beklagten Käufer abweichende Provisionshöhe vereinbart. Landgericht und OLG haben die Klage des Maklers auf Zahlung der Provision abgewiesen. Der Makler legt Revision zum BGH ein.
Entscheidung
Der BGH weist die Revision des Maklers zurück mit der Begründung, dass ihm wegen eines Verstoßes gegen § 656 c BGB eine Provision nicht zustehe. Der BGH führt aus, dass über die Frage, wie der Wohnzweck des zu erwerbenden Objekts im Rahmen der §§ 656 a ff. BGB festzustellen sei, in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit bestehe. Diese Streitfrage wird vom BGH nunmehr dahingehend entschieden, dass für die Einordnung als Einfamilienhaus der für den Makler „erkennbare Erwerbszweck“ maßgeblich ist. Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656 a ff. BGB soll es sich mithin dann handeln, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Hauses für den Makler bei Abschluss des Maklervertrages mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushaltes dienen soll. Mithin kommt es nicht auf den vom Veräußerer (bisher) verfolgten Nutzungszweck an, vielmehr kommt dem Wohnzweck des Erwerbers die entscheidende Bedeutung zu. Der Wohnzweck wird sich in erster Linie aus den objektiven Gegebenheiten, insbesondere der Beschaffenheit der Immobilie ergeben. Soweit dies nicht der Fall ist, ist es Sache des Erwerbers, den Wohnzweck dem Makler bei Abschluss des Maklervertrages erkennbar zu machen. Ist der vom Erwerber verfolgte Wohnzweck bei Abschluss des Maklervertrages für den Makler erkennbar, wird ein für beide Kaufvertragsparteien handelnder Makler zugleich in die Lage versetzt, den mit der Verkäuferseite abgeschlossenen Maklervertrag hinsichtlich der Provisionshöhe anzupassen, damit Verkäufer-Maklervertrag und Käufer-Maklervertrag die gleiche Provision ausweisen.
Das hier streitbefangene Objekt ist nach dem BGH als Einfamilienhaus anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass das Haus über einen Büroanbau und eine Garage mit eigenem Eingang und einer eigenen Hausnummer verfügt. Wie der BGH ausführt, steht nach der Vorstellung des Gesetzgebers das Vorhandensein einer weiteren Wohnung (etwa einer Einliegerwohnung) nicht der Einordnung als Einfamilienhaus entgegen. Es bestehe deshalb keine Veranlassung, ein Einfamilienhaus mit einer anderweitigen gewerblichen Nutzungsmöglichkeit von untergeordneter Bedeutung aus dem Anwendungsbereich der §§ 656 a ff. BGB herauszunehmen. Dies um so mehr, als die gewerblich genutzte Fläche sich auf etwa 1/5 der Gesamtfläche belief und von untergeordneter Bedeutung war.
Der BGH weist im Übrigen darauf hin, dass allein die Tatsache, dass der Maklervertrag nicht vom Eigentümer, sondern von dessen Ehefrau abgeschlossen wurde, die Anwendung des § 656 c BGB nicht berührt. Die im Maklerrecht anerkannten Grundsätze der persönlichen Kongruenz gelten auch für diese Vorschrift. Deshalb macht es keinen Unterschied, ob sich die Partei des Kaufvertrages selbst oder eine ihr nahestehende dritte Person zur Zahlung der Provision verpflichtet.
Da vorliegend als unstreitig anzusehen war, dass der Makler sich nicht von beiden Seiten eine Provision in gleicher Höhe hat versprechen lassen, war nach § 656 c Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 656 c Abs. 1 S. 1 BGB der Anspruch des Maklers auf Käuferprovision zurückzuweisen.
Fazit
Die Entscheidung des BGH zeigt die Lücken und Ungenauigkeiten auf, mit der der Gesetzgeber die Regelungen über die §§ 656 a ff. BGB erarbeitet hat. Der Käufer, der als Verbraucher anzusehen ist, soll nicht zur Übernahme von Verkäuferprovisionen verpflichtet werden. Da der Schutzzweck der §§ 556 c und 556 d BGB darin besteht, schutzbedürftige Käufer von Maklerkosten zu entlasten, besteht keine Veranlassung, Einfamilienhäuser mit einer anderweitigen, hier gewerblichen Nutzungsmöglichkeit von nur untergeordneter Bedeutung aus dem Anwendungsbereich dieser Vorschriften herauszunehmen.
Im Wege der analogen Anwendung der verbraucherschützenden Vorschriften geht der BGH weiter davon aus, dass unabhängig davon, ob der Maklervertrag mit einer Kaufvertragspartei oder einem Dritten geschlossen wird, die Vorschrift des § 656 a BGB zur Anwendung kommt. Die Entscheidung des BGH bestätigt, dass der verbraucherschützende Zweck der Vorschrift es rechtfertigt, die Regelung des § 656 c BGB auch dann zur Anwendung zu bringen, wenn der Maklervertrag nicht mit einer Kaufvertragspartei, sondern mit einem Dritten geschlossen wird.