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Zu den Informationspflichten eines Vermieters im Fall des Freiwerdens einer vergleichbaren Wohnung nach einer Eigenbedarfskündigung

(BGH, Urteil vom 13.10.2010, VIII ZR 78/10)

Der Kündigungsgrund „Eigenbedarf“ ist gegeben, wenn der Vermieter die Mieträume selbst
oder durch die im Gesetz aufgeführten Personen zu Wohnzwecken nutzen will und für seinen
Willen nachvollziehbare Gründe vorliegen. Dabei ist grundsätzlich der Willensentschluss des
Vermieters bezüglich seiner Lebensplanung zu respektieren. Dieser Entschluss ist jedoch nicht
unantastbar; vielmehr ist er stets darauf zu überprüfen, ob er „vernünftig“ ist. Nicht
vernünftig ist es zum Beispiel, wenn eine Alternativwohnung vorhanden ist, durch die der
Bedarf des Vermieters in gleicher Weise gedeckt werden kann. Dies ist in der Regel
anzunehmen, wenn es eine Möglichkeit gibt, den Wohnbedarf des Vermieters zu befriedigen,
ohne auf die gekündigte Wohnung zurückgreifen zu müssen, z.B. weil eine andere im
Eigentum des Vermieters stehende Wohnung frei ist und der Vermieter dort, ohne Abstriche
machen zu müssen, einziehen kann.

Der Vermieter ist überdies verpflichtet, den Mieter auf eine in Betracht kommende freie oder
alsbald frei werdende Alternativwohnung hinzuweisen und darzulegen, dass sie zur Deckung
seines Bedarfs nicht geeignet ist. Ist die Alternativwohnung für den Vermieter nicht geeignet,
so muss er sie dem Mieter zu angemessenen, für diesen zumutbaren Bedingungen anbieten.
In einer aktuellen Entscheidung des BGH vom 13.10.2010 (Az. VIII ZR 78/10), haben die
Karlsruher Richter die Anbietpflicht des Vermieters nunmehr präzisiert.

Der Fall

Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in Bonn, in der er zusammen
mit seiner ebenfalls in Anspruch genommenen Ehefrau lebt. Die Klägerin kündigt das
Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Vor Ablauf der Kündigungsfrist wird im selben Haus, in
dem auch die Wohnung der Beklagten ist, eine weitere Mietwohnung der Klägerin frei. Die
Klägerin vermietet diese Wohnung jedoch anderweitig, ohne sie zuvor den Beklagten
angeboten zu haben. Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage
abgewiesen, das Landgericht Bonn hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete
Revision hat Erfolg, dies aus folgenden Erwägungen hinaus:

Die Entscheidung

Der wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigende Vermieter müsse dem
Mieter eine andere, ihm zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der
Kündigungsfrist anbieten, sofern sich die Wohnung im selben Haus oder in derselben
Wohnanlage befinde. Andernfalls sei die ausgesprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen
das Gebot der Rücksichtnahme rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Zur
ordnungsgemäßen Erfüllung dieser Anbietpflicht müsse der Vermieter den Mieter zudem über
die wesentlichen Bedingungen einer Anmietung (Größe und Ausstattung der Wohnung sowie
Mietkonditionen) informieren!

Kommentar

Mit der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof seine bisherige
Rechtsprechung erneut bekräftigt und nunmehr zugleich klargestellt, dass zur
ordnungsgemäßen Erfüllung der Anbietpflicht auch gehört, den Mieter auch über die
wesentlichen Bedingungen einer Anmietung zu informieren. Dies sollte möglichst „beweisbar“
geschehen, z.B. durch Einwurf/Einschreiben oder durch Einschreiben/Rückschein.

Praxishinweis

Damit eine Eigenbedarfskündigung nicht am Damoklesschwert
„Rechtsmissbrauch“ scheitert, sind bei dem Thema „Alternativwohnung“ zusammenfassend
folgende Punkte zu beachten:
• Auf eine in Betracht kommende oder alsbald frei werdende
Alternativwohnung ist möglichst beweisbar hinzuweisen.
• Ist die Alternativwohnung für den Vermieter nicht geeignet, so muss er sie dem
Mieter zu angemessenen, für ihn zumutbaren Bedingungen anbieten.
• Die Anbietpflicht erstreckt sich nicht auf jede andere, dem Vermieter zur
Verfügung stehende Wohnung; sie beschränkt sich auf ein im selben Haus oder
in derselben Wohnanlage befindliches Objekt.
• Die Anbietpflicht des Vermieters besteht auch für eine erst nach Ausspruch der
Kündigung freiwerdende Alternativwohnung. Die Verpflichtung endet jedoch
mit Ablauf der Kündigungsfrist.

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