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Die Bemessung des Wertersatzes bei Widerruf eines Geschäftes über Maklerleistung

a. Die Bemessung des Wertersatzes, den der Verbraucher nach dem wirksamen
Widerruf eines Teilzahlungsgeschäfts über Maklerleistungen für die bis dahin
empfangenen Dienste des Unternehmers schuldet, richtet sich nicht nach
dem vertraglich vereinbarten Entgelt, sondern nach dem objektiven Wert
dieser Leistungen, soweit dieser das vertragliche Entgelt nicht übersteigt.
b. Der objektive Wert richtet sich dabei nach der üblichen oder (mangels einer
solchen) nach der angemessenen Vergütung, die für die Vermittlung eines
entsprechenden Hauptvertrages zu bezahlen ist, nicht dagegen nach dem
konkret-individuellen Wert des Erlangten für den Schuldner. Entspricht der
vermittelte Hauptvertrag nicht den individuellen Bedürfnissen des
Auftraggebers und liegt insoweit eine Beratungspflichtverletzung vor, können
dem Kunden allerdings Ansprüche auf Schadensersatz nach § 280 BGB
zustehen, die er dem Wertersatzanspruch entgegenhalten kann.
c. Der Wertersatz betreffend eine so genannte Nettopolice für eine Lebens- und
Rentenversicherung wird durch die Kündigung des Versicherungsvertrages
nicht berührt.

BGH, Urteil 19.07.2012, Az. III ZR 252/11

Sachverhalt

Die Maklerfirma X vermittelt 2005 dem Beklagten eine fondsgebundene Lebens- und
Rentenversicherung bei der A-Lebensversicherung. Es handelt sich um eine so genannte
„Nettopolice“, d. h. in den von dem Beklagten zu zahlenden monatlichen Prämien sind keine
Provisionsanteile für die Vermittlung enthalten. Stattdessen wird zwischen der Maklerfirma
und dem Beklagten eine gesonderte Vermittlungsgebührenvereinbarung abgeschlossen.
Danach sollte der Beklagte bei einem angegebenen Barzahlungspreis von 7.404,80 € plus
Jahreszins von 3,35 % 8.020,80 € in 60 monatlichen Raten zu je 139,68 € zahlen. Zur
Sicherung der Forderung hat der Beklagte gleichzeitig seine Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag an die Maklerfirma abgetreten. Die Vermittlungsgebührenvereinbarung
enthält folgende Widerrufsbelehrung:

„Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von
Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt
frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die
rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an…..Widerrufsfolgen
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen
zurück zu gewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben.“

Im Oktober 2008 kündigt der Beklagte den Versicherungstrag und widerruft die
Lastschriftermächtigungen. Während des laufenden Rechtsstreits widerruft der Beklagte
weiter die Vermittlungsgebührenvereinbarung. Die Maklerfirma verklagt den Beklagten auf die
Zahlung restlicher Provision. Landgericht und Oberlandesgericht weisen die Klage ab.

Entscheidung

Der BGH weist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Wie das Gericht ausführt, hat der
Beklagte die Vermittlungsprovisionsvereinbarung wirksam widerrufen. Insoweit nimmt das
Gericht Bezug auf § 355 BGB alter Fassung (a.F.). Die in der Vertragsurkunde enthaltene
Widerrufsbelehrung genüge nicht den Anforderungen, da sie den Beklagen nicht eindeutig
über den Beginn der Widerrufsfrist aufkläre. Die Maklerfirma habe die in der Musterbelehrung
Anlage 2 zu § 14 Abs.1 und 3 BGB InfoV nicht vollständig übernommen. Da der Beklagte die
Erklärung wirksam widerrufen habe, sei Anspruchsgrundlage für den Wertersatz, der der
Maklerfirma zustehen könne, § 357 Abs.1 Satz 1 BGB i.V.m. § 346 Abs.2 Satz 1 Nr.1 BGB, da
die Rückgewähr der von der Maklerfirma erbrachten Leistung wegen ihrer Beschaffenheit
ausgeschlossen sei. Die Vermittlung der Versicherung sei eine Maklerleistung im Sinne von §
652 BGB, die mit Abschluss des vermittelten Hauptvertrages vollständig erbracht war und in
natura nicht zurück gegeben werden könne. Der Beklagte schulde als Wertersatz nicht das
vertraglich vereinbarte Entgelt. Maßgeblich für die Bemessung des Wertersatzes, den der
Verbraucher nach dem (wirksamen) Widerruf eines Teilzahlungsgesetzes für bis dahin
erbrachte Maklerleistung gewähren müsse, sei nicht das vertraglich vereinbarte Entgelt,
sondern der objektive Wert der Maklerleistung, soweit dieser das vertragliche Entgelt nicht
übersteige. Bei Dienstleistungen allgemein sei insoweit im Ausgangspunkt auf die übliche oder
(mangels einer solchen) die angemessene Vergütung abzustellen, die für eine solche Leistung
zu bezahlen sei, nicht dagegen auf den konkret–individuellen Wert des Erlangten für den
Schuldner.
Das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem von der
Maklerfirma geltend gemachten Anspruch bereits die Kündigung des Versicherungsvertrages
entgegenstehe. Komme es zum Abschluss des Hauptvertrages, hat der Makler seine
vergütungspflichtige Leistung im vollen Umfang erbracht. Die Kündigung der
Versicherungsunterlagen stelle daher nicht nur bei Wirksamkeit des Maklervertrages die
verdiente Provision nicht in Frage, sondern beeinflusse grundsätzlich auch nicht im Falle des
Widerrufs die Höhe des Wertersatzanspruches. Dies sei auch dann nicht anders zu beurteilen,
wenn dem Kunden, weil die Vermittlungsgebühr ausnahmsweise in Teilzahlungen erbracht
werden könne, ein Widerrufsrecht zustehe und dies von ihm nach Abschluss des
Hauptvertrages ausgeübt werde. Auch der Umstand, dass bei einem unwirksamen
Maklervertrag Bedenken gegen einen Vergütungsanspruch des Maklers bestehen, steht einer
Wertersatzpflicht nicht entgegen. Der Widerruf hat die vertragliche Grundlage nicht
rückwirkend beseitigt, sondern das wirksame Vertragsverhältnis lediglich in ein
Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt. Auch der Einwand, dass das Vermögen des
Beklagten durch die Leistung nicht tatsächlich vermehrt worden sei, da die Versicherung
weder der finanziellen Leistungsfähigkeit noch der Lebenssituation des Beklagten entsprochen
habe, berührt den Anspruch nicht. Die subjektive Lage des konkreten Verbrauchers
beeinflusse den objektiven Wert der Maklerleistung nicht. Der objektive Wert entspricht dem
Preis, der auf dem Markt gemeinhin für die Vermittlung entsprechender Verträge gezahlt
werde.
Entspräche der vermittelte Hauptvertrag nicht den individuellen Bedürfnissen des
Auftraggebers und liege insoweit eine Beratungspflichtverletzung vor, könnten dem Kunden
allerdings Ansprüche auf Schadensersatz nach § 280 BGB zustehen. Das Berufungsgericht, an
das der Rechtsstreit zurückverwiesen wird, hat den objektiven Wert der Maklerleistung, die
von der Maklerfirma erbracht ist, zu ermitteln.

Fazit

Für die Wertberechnung ist nach den Vorgaben des BGH die marktübliche Provision zugrunde
zu legen, die für die Vermittlung eines entsprechenden (wirksamen) Hauptvertrages zu zahlen
wäre. Nicht entscheidend ist mithin, inwieweit die Maklerleistung das Vermögen des
Maklerkunden vermehrt hat. Auch wenn die Feststellung der üblichen Vergütung kaum ohne
Sachverständigengutachten erfolgen kann, gibt die BGH-Entscheidung dem Makler aber
Gewissheit, dass die Berechnung nicht nach Zeit oder Sachaufwendungen oder nach dem
eventuellen Vermögenszuwachs beim Kunden sondern nach der üblichen Vergütung für
Maklerleistungen bei der Vermittlung von Verträgen zu berechnen ist.

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