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Bundesgerichtshof bestätigt Kappungsgrenze Berlin

BGH, Urteil vom 04.11.2015 – Az.: VIII ZR 217/14

Sachverhalt

Im Jahr 2013 bat ein Vermieter in Berlin um die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 20
Prozent der monatlichen Miete. Der Mieter widersprach unter Hinweis auf die Berliner
Kappungsgrenzen-verordnung, die nur eine Erhöhung bis zu 15 Prozent vorsieht. Mit 15
Prozent erklärte sich der Mieter einverstanden, wegen des Differenzbetrages erhob der
Vermieter Klage mit der Begründung, dass die inzwischen vom Berliner Senat verabschiedete
Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung unzulässiger Weise für das gesamte Stadtgebiet gelten
soll, obwohl nicht in allen Stadtteilen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit
Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet sei, wie es § 558 (3) BGB
vorschreibe. Die Klage blieb durch alle drei Instanzen erfolglos.

Entscheidungsgründe

Die Kappungsgrenze beruht auf einer verfassungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage, ist das
Fazit des BGH. Sie verstoße nicht gegen die grundgesetzliche Eigentumsgarantie, sondern
erweise sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2
Grundgesetz (GG).

Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin vom 7. Mai 2013 sei durch die
Ermächtigungsgrundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches gedeckt, denn es sei entgegen der
Meinung des Klägers nicht zu beanstanden, dass die gesamte Stadt Berlin als Gebiet
ausgewiesen wurde, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit
Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

Eine Beschränkung der Gebietsbestimmung auf bestimmte Teile von Berlin, die das
Bürgerliche Recht ermöglicht hätte, wäre nicht sachgerecht gewesen. Nur wenn eindeutig
festgestanden hätte, dass eine beschränkte Gebietsausweisung den angestrebten Zweck
sachlich gleichwertig erreichen würde, wäre eine mildere Maßnahme denkbar gewesen.

Für die Erforderlichkeit einer entsprechenden Maßnahme komme dem Berliner Senat ein
weiter Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, der nicht überschritten worden sei, denn mit
einer stärkeren räumlichen Begrenzung der Verordnung wäre nicht in gleicher Weise „rasch
und wirksam“ eine Verlangsamung des Anstieges der Bestandsmieten zu erreichen gewesen,
meinen die Richter des VIII. Senats. Und: Aufgrund der vor allem in Ballungsräumen, Industrie- und Universitätsstädten sowie in Städten mit herausgehobener zentrale Lage oder
Funktion wirkenden vielfältigen Impulse und der hierdurch ausgelösten spezifischen Labilität
des Wohnungsmarktes sei die besondere Gefährdung einer ausreichenden Versorgung der
Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen „grundsätzlich räumlich
nicht exakt einzugrenzen“.

Anmerkung

Der BGH legt die Voraussetzungen für den Erlass solcher Verordnungen niederschwellig fest.
Ob die gesamte Gemeinde oder nur Teile einer Gemeinde einbezogen werden – Berlin ist eine
Gemeinde mit 3,4 Millionen Einwohnern – kann von der jeweiligen Landesregierung politisch
entschieden werden. Einer auf wissenschaftlichen Erkenntnisse oder statistischen Erhebungen
gegründete Untersuchung bedarf es für diese Unterscheidung nicht.

Freuen darf sich deshalb auch der Hamburger Senat, der ebenfalls von vorneherein auf
derartige stadtteilbezogene Erhebungen verzichtet und das gesamte Stadtgebiet in seine
Verordnung mit einbezogen hat.

Die Auffassung der Bundesrichter dürfte im Wesentlichen unter dem Aspekt des Artikel 14 (2)
des Grundgesetzes gesehen werden, wonach Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch
zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen und den betroffenen Mietern „rasch und
wirksam“ zu einer Verlangsamung des Mietanstiegs verhelfen soll.

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