Wohnungseigentumsrecht

Die Beteiligung des obsiegenden Anfechtungsklägers an den Prozesskosten der unterlegenen GdWE wurde bejaht!

Seit dem 01.12.2020 gehören Kosten, die der GdWE in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, zu den Kosten der Verwaltung gem. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG, die, soweit keine abweichende Regelung getroffen worden ist, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen sind; demzufolge muss bei Fehlen einer abweichenden Regelung auch der obsiegende Beschlusskläger die Prozesskosten der unterliegenden GdWE anteilig mitfinanzieren.

BGH, Urteil vom 19.07.2024; V ZR 139/23

Die drei Klägerinnen sind Mitglieder der beklagten GdWE und Eigentümerinnen jeweils einer der insgesamt acht Wohnungseigentumseinheiten. In der Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 2019 ist geregelt, dass die Verwaltungskosten zu gleichen Teilen auf die Wohnungseigentumseinheiten umgelegt werden. Im Jahr 2021 fochten die Klägerinnen bei dem Amtsgericht einen von den Eigentümern gefassten Beschluss an (im Folgenden: Vorprozess). Das Amtsgericht gab der Klage statt und verurteile die GdWE dazu, die Kosten des Vorprozesses zu tragen. Im April 2022 beschlossen die Eigentümer, diese Kosten durch eine Sonderumlage zu finanzieren. Hierfür sollte je Wohnungseigentumseinheit ein Betrag in Höhe von 799,21 € gezahlt werden, mithin auch jede der Klägerinnen. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Klägerinnen mit Ihrer Anfechtungsklage. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Auf die Berufung einer der Klägerinnen gibt das zuständige Landgericht der Klage statt. Dagegen wendet sich die GdWE mit der vor dem Landgericht zugelassenen Revision vor dem Bundesgerichtshof.

Die Revision hat Erfolg. Im Ergebnis wird die Anfechtungsklage endgültig abgewiesen. Nach Auffassung des BGH entspricht der Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage ordnungsmäßiger Verwaltung. Nach dem in der Gemeinschaft geltenden Kostenverteilungsschlüssel sind die Prozesskosten des Vorprozesses auf die obsiegenden Anfechtungsklägerinnen umzulegen. Die Gemeinschaftsordnung ist dahin auszulegen, dass mit dem dort verwendeten Begriff der Verwaltungskosten auf die entsprechende, aktuell geltende gesetzliche Regelung Bezug genommen wird. Ob die Kosten des Vorprozesses zu den Verwaltungskosten gehören ist daher nach dem im Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Recht, also § 16 Abs. 2 S. 1 WEG zu beurteilen. Die umstrittene Frage, ob hiernach Prozesskosten, die im Beschlussklageverfahren der unterliegenden Gemeinschaft auferlegt sind, auf alle Miteigentümer, einschließlich der obsiegenden Kläger umzulegen sind, wird von dem BGH mit dieser Entscheidung bejaht. Zur Begründung wird ausgeführt, dass bereits seit dem 01.12.2020 Beschlussklagen nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die GdWE zu richten sind (§ 44 Abs. 2 S. 1 WEG). Der BGH zählt die Prozesskosten weiterhin zu den Kosten der Verwaltung gem. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG, die alle Wohnungseigentümer und damit auch die Anfechtungskläger anteilig tragen müssen (sofern keine abweichende Regelung getroffen wird). Eine einschränkende Auslegung unter Wertungsgesichtspunkten komme nicht in Betracht. Zwar sei nicht von der Hand zu weisen, dass diese Kostenfolge – insbesondere in kleinen Gemeinschaften – potentielle Beschlusskläger von einer Klage abhalten könne, so der BGH, es fehle aber an einer planwidrigen Regelungslücke. Laut BGH kann der Gesetzgeber es nicht übersehen haben, dass die neu eingeführte Parteistellung der Gemeinschaft dazu führt, dass die Miteigentümer deren Prozesskosten anteilig tragen müssen. Ob materiell-rechtliche Erstattungsansprüche der obsiegenden Beschlusskläger gegen die Gemeinschaft denkbar sind, hat der BGH ausdrücklich offengelassen, weil derartige Ansprüche im Rahmen der Beschlussfassung über eine Sonderumlage nicht berücksichtigt werden müssen. Die Entscheidung betraf insoweit lediglich den Beschluss über die Sonderumlage.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Prozessflut von Anfechtungsklagen durch einzelne Wohnungseigentümer durch diese Kostenfolge reduziert. In jedem Fall müssen die einzelnen Miteigentümer in der Beratungspraxis auf diese mögliche Kostenfolge hingewiesen werden. Der WEG-Verwalter muss bei Erstellung seiner Jahresabrechnung also keine differenzierte Kostenverteilung vornehmen, sondern kann die Prozesskosten mit dem jeweils geltenden Verteilerschlüssel auf sämtliche Wohnungseigentümer umlegen. Findet sich die notwendige einfache Mehrheit, können die Wohnungseigentümer aber nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG etwas anderes bestimmen. Ein Zwang, entsprechend zu beschließen, gibt es jedoch nicht. Eine Beschlussersetzungsklage auf eine Änderung der Kostenverteilung wird grundsätzlich keinen Erfolg haben kann.

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