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Stimmrechtsvermehrung in Wohnungseigentümergemeinschaften

In den Wohnungseigentümerversammlung hat jeder Wohnungseigentümer nach dem sogenannten Kopfstimmrecht grundsätzlich eine Stimme. Ist ein Wohnungseigentümer an mehreren Wohnungen mit unterschiedlichen Beteili­gungsverhältnissen beteiligt, kann ein mehrfaches Stimmrecht entstehen.

Der Gesetzgeber sieht für Wohnungseigentümerversammlungen grundsätzlich das so genannte Kopfstimmrecht vor, so dass jeder Wohnungseigentümer eine Stimme aus­üben kann, unabhängig davon, wie viele Wohnungseigentumseinheiten durch einen Wohnungseigentümer erworben wurden. Von diesem gesetzlichen Grundsatz kann durch Bestimmungen in der Teilungserklärung abgewichen werden, verbleibt es hingegen bei dem gesetzlichen Leitbild, kann ein Wohnungseigentümer gleichwohl Inhaber mehr als einer Stimme in einer Wohnungseigentümerversammlung sein. Es kommt zu einer so genannten faktischen Stimmrechtsvermehrung, wenn ein Wohnungseigentümer nicht lediglich das Alleineigentum an einer Wohnung hält, sondern eine Miteigentümergemein­schaft an einem Wohnungseigentumsrecht begründet. Hält ein Wohnungseigentümer das

Alleineigentum z.B. an zwei Wohnungen, hat er nach dem Kopfstimmrecht grundsätzlich eine Stimme; wird indes ein Miteigentumsanteil an einer Wohnung auf einen Dritten übertragen, entsteht eine Bruchteilseigentümergemeinschaft an dem betreffenden Wohnungseigentum und diese Bruchteilseigentümergemeinschaft erwirbt wiederum ein eigenes Stimmrecht und zwar auch dann, wenn der vorherige Alleineigentümer die Bruchteilseigentümergemeinschaft aufgrund eines ganz überwiegenden Miteigentums­anteils dominiert.

Bei einer etwaigen Patt-Situation in einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Wohnungseigentümer mit mehr als einer Wohnungseigentumseinheit mithin durch Ver­äußerung eines Bruchteils an den Wohnungseigentumseinheiten an Dritte eine Stimm­rechtsvermehrung herbeiführen und damit ggf. die Patt-Situation auflösen. In rechtlicher Hinsicht ist dies nicht zu bestanden, da die Erwerber auch eines geringen Teils eines Mit­eigentums an einer Wohnung vollwertige Mitglieder der Wohnungseigentümergemein­schaft werden und daher auch die Gelegenheit erhalten müssen, die Mitgliedschafts­rechte in einer Wohnungseigentümerversammlung auszuüben. Die übrigen Miteigen­tümer müssen mithin mit den etwaigen Folgen einer Stimmrechtsvermehrung grundsätz­lich leben.

Die entsprechenden Grundsätze bekräftigte der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige

V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 20.11.2020 zu dem Geschäftszeichen V ZR 64/20. Link zum Urteil

Aktualisierungshinweis!

In dem Verwaltertelegramm Ausgabe April 2021 wurde erörtert, dass nach dem Inkraft­treten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes ab dem 01.12.2020 die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht mehr einzelne Wohnungseigentümer berechtigt sind, die Beseitigung baulicher Veränderungen geltend zu machen. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat indes nunmehr mit Urteil vom 07.05.2021,Geschäftszeichen V ZR 299/19 für Altfälle entschieden, dass ein einzelner Wohnungseigentümer, der einen Rückbau fordert auch weiterhin berechtigt ist, den Rechtsstreit fortzuführen, so lange nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Angelegenheit an sich zieht. Für Altfälle bleibt es mithin bei der bisherigen Rechtslage.

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