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Wann ist ein Gebäude ein Studentenwohnheim?

BGH, Urteil vom 13.6.2012, VIII ZR 92/11

Sachverhalt

Im Februar 2004 mietet ein Student ein Zimmer in einem als „Studentenwohnheim“
bezeichneten Anwesen, das über 67 Wohneinheiten verfügt, von denen mindestens vier nicht
an Studenten vermietet sind. Die etwa 12 m² großen Zimmer weisen zusätzlich eine Küche,
Sanitäranlagen und Waschräume als Gemeinschaftsräume auf. Regelmäßig sind die
Mietverträge auf ein Jahr befristet und verlängern sich jeweils um ein Semester, wenn nicht
drei Monate vor Semesterende schriftlich gekündigt wird. Die Verweildauer der Mieter ist sehr
unterschiedlich. Im Dezember 2008 kündigt der Vermieter dem Studenten schriftlich unter
Hinweis auf „Hetzereien und Reibereien gegenüber uns und Dritten“ und weist in dem sich
daran anschließenden Räumungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten darauf hin, dass
die Kündigung auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses gemäß § 573 BGB wirksam
sei. § 549 BGB bestimme nämlich, dass für Wohnraum in einem Studentenwohnheim der
Nachweis eines berechtigten Interesses an der Kündigung nicht erforderlich sei. Das
Amtsgericht Heidelberg verurteilt den Studenten zur Räumung, das Landgericht Heidelberg
hebt das Urteil auf und weist die Klage ab. Die dagegen gerichtete Revision des Vermieters
hat keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Das Anwesen des Vermieters könne nicht als Studentenwohnheim im Sinne des
§ 549 Abs. 3 BGB angesehen werden. Die Entstehungsgeschichte dieser Regelung mache
vielmehr deutlich, dass der Gesetzgeber die in dieser Norm enthaltene Einschränkung des
sozialen Mieterschutzes nur vor dem Hintergrund des als höher gewichteten Ziels für
gerechtfertigt gehalten hat, möglichst vielen Studierenden das Wohnen in einem
Studentenwohnheim zu ermöglichen und dabei alle Bewerber gleich zu behandeln. Dies setze
voraus, dass der Vermieter in dem Wohnheim ein an studentischen Belangen orientiertes
Belegungskonzept praktiziere, dass eine Rotation nach abstrakt-generellen Kriterien vorsehe.

Dazu müsse die Dauer des Mietverhältnisses im Regelfall zeitlich begrenzt sein und dürfe nicht
den Zufälligkeiten der studentischen Lebensplanung oder dem eigenen freien Belieben des
Vermieters überlassen bleiben. Der BGH: „§ 549 Abs. 3 BGB dient nicht dazu, dem Vermieter
eine im Einzelfall gewollte Vertragsbeendigung mit ihm nicht genehmen Mietern zu
ermöglichen.“ Das Belegungskonzept setzte voraus ein der Rotation zu Grunde liegendes, die
Gleichbehandlung aller Bewerber wahrendes Konzept. Ein solches müsse sich aus einer
Satzung, entsprechender Selbstbindung oder jedenfalls einer konstanten tatsächlichen Übung
eindeutig ergeben. Ein solches Belegungskonzept sei vom klagenden Vermieter jedoch nicht
nachgewiesen, weshalb eine Kündigung nur unter Darlegung von berechtigten Interessen im
Sinne des § 573 BGB möglich sei.

Praxishinweis

Wer Gebäude als Studentenwohnheime im Sinne des § 549 BGB vermieten will, muss sich
streng an die vom Bundesgerichtshof ausgestellten rechtlichen Maßstäbe halten. Dies wird
selbst bei einer sich aus einer Satzung ergebenden Selbstbindung nicht immer einfach sein,
wenn man z.B. an einen – teilweisen – Leerstand des Studentenwohnheims denkt und eine
Vermietung an Nicht-Studenten schon aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich wird

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