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Von einer schlüssigen Mietaufhebungsvereinbarung kann nur ausgegangen werden, wenn zwei übereinstimmende Willenserklärungen erkennbar sind, die den Rückschluss auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Parteien ohne vernünftigen Zweifel zulassen. Eine unwirksame Kündigung kann grundsätzlich nicht in ein Angebot zum Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages umgedeutet werden.

Verfassungsgericht Land Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2015, VfGBbg 47/13

Sachverhalt

Die Entscheidung ist im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde ergangen, nachdem die
Vermieterin in den Vorinstanzen unterlegen war. Zwischen den Parteien bestand ein
Gewerberaummietverhältnis. Das Mietverhältnis wurde wegen Zahlungsverzugs fristlos
gekündigt und die Mieterin zur Räumung und Herausgabe des Objektes aufgefordert. Am Tag
der Fristsetzung (08.3.2012) trafen die Beklagte und der Hausmeister in dem Objekt
zusammen, ohne dass es zu einer Schlüsselübergabe kam. Die Vermieterin reichte daher
Räumungs- und Zahlungsklage auf Zahlung von Nutzungsentschädigung ein. Das Amtsgericht
verurteilte zur Zahlung der Nutzungsentschädigung in Höhe eines um 10 % geminderten
Betrages. Auf die Berufung der Mieterin und die Anschlussberufung der Vermieterin, änderte
das Landgericht das Urteil dahingehend ab, dass nur noch die Zahlung von Miete bis zum
08.03.2012 bewilligt wurde. Die Revision wurde nicht zugelassen. Zur Begründung wurde vom
Landgericht ausgeführt, dass die fristlose Kündigung mangels Zahlungsverzugs unwirksam
gewesen sei, die Vertragsparteien sich jedoch am 08.03.2012 konkludent auf eine
Mietaufhebungsvereinbarung geeinigt haben, indem sie sich an diesem Tag in dem Objekt
eingefunden hätten. Die Vermieterin müsse sich deshalb so behandeln lassen, als sei die
Rückgabe tatsächlich am 08.03.2012 erfolgt, da sie die Annahme des Mietobjektes verweigert
habe.

Entscheidung

Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das Verfassungsgericht bestätigt eine Verletzung
des Grundrechts auf Gleichheit vor dem Gesetz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver
Willkür einer gerichtlichen Entscheidung.

Auch für das Zustandekommen einer Mietaufhebungsvereinbarung komme es – wie für den Abschluss eines jeden Vertrages – auf zwei übereinstimmende Willenserklärungen mit entsprechendem Rechtsbindungswillen an. Diese können sich auch in einem schlüssigen Verhalten äußern. Das Zustandekommen einer stillschweigend geschlossenen Mietaufhebungsvereinbarung stelle dabei nur einen mit Zurückhaltung anzunehmenden Ausnahmefall dar. Nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände des Einzelfalles dürften deshalb keinerlei Zweifel mehr bestehen, dass Vermieter und Mieter das Mietverhältnis wirklich einvernehmlich beenden wollten. Dies gelte besonders dann, wenn bei dem zu untersuchenden Verhalten der Vertragsparteien eine Kündigungserklärung vorausgegangen ist. Aus der maßgeblichen Sicht des objektiven Erklärungsempfängers will der Kündigende das Vertragsende gerade nicht von einer Übereinkunft mit der anderen Vertragspartei abhängig machen, denn er ginge von einem wirksamen einseitigen Kündigungsrecht aus. Vor diesem Hintergrund könne eine unwirksame Kündigung auch grundsätzlich nicht in ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages umgedeutet werden (unter Bezugnahme auf BGH NJW 1984, 1028). Auch das Verhalten der gekündigten Partei sei regelmäßig nicht vom Willen zu einer einverständlichen Vertragsaufhebung getragen, da diese unter dem Druck der noch nicht als unwirksam erkannten Kündigung handele und davon ausginge, zur Räumung und
Herausgabe verpflichtet zu sein. Das angegriffene Urteil enthalte nicht ansatzweise die erforderliche Prüfung und Herleitung, um eine solche schlüssige Mietaufhebungsvereinbarung begründen zu können.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist richtig. Sie entspricht vor allem einer sauberen juristischen Herleitung
über das Zustandekommen von (Mietaufhebungs-)Verträgen. Die Anforderungen finden sich
vergleichbar auch in der Entscheidung des BGH vom 10.10.2007, VIII ZR 279/06, dort über
das Zustandekommen eines Änderungsvertrages bei der Umlage von
Betriebskostenpositionen. Will der Vermieter gleichzeitig mit der ausgesprochenen Kündigung
ein konkretes Angebot zum Abschluss einer Mietaufhebungsvereinbarung abgeben, muss dies
deutlich aus dem Kündigungsschreiben hervorgehen. Wenigstens müsste klargestellt sein,
dass das Mietverhältnis „unter allen erdenklichen Gesichtspunkten“ beendet sein soll.

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