Bindung des Mieters an einen vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss verstößt nach geltender Rechtslage nicht gegen das Telekommunikationsgesetz
BGH, Urteil vom 18.11.2021; I ZR 106/20
Sachverhalt
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist Vermieterin von mehr als 120.000 Mietwohnungen, von denen etwa 108.000 an ein Kabelfernsehnetz angeschlossen sind, über das Fernseh- und Hörfunkprogramme übertragen werden und das auch für andere Dienste wie Telefonate und Internet genutzt werden kann. Das Entgelt, das die Beklagte für die Versorgung der Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen über das Kabelnetz zahlt, legt sie nach den Mietverträgen als Betriebskosten auf ihre Mieter um. Für die Mieter besteht nach den Mietverträgen keine Möglichkeit, während der Dauer des Mietverhältnisses die Versorgung ihrer Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunksignalen zu kündigen.
Die Klägerin sieht einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 43b TKG darin, dass die Mietverträge keine Regelung enthalten, nach der die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabelanschlusses wenigstens zum Ablauf einer Laufzeit von 24 Monaten kündbar ist, und die Beklagte nicht den Abschluss von Mietverträgen anbietet, nach denen die Bereitstellung solcher Anschlüsse auf eine Laufzeit von höchstens 12 Monaten begrenzt ist. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Entscheidung
Der BGH weist die Revision der Klägerin zurück. Mit der Bereitstellung der Kabel-TV-Anschlüsse erbringe die Beklagte einen Telekommunikationsdienst im Sinne von § 3 Nr. 24 TKG. Sie stelle ihren Mietern damit einen Dienst zur Verfügung, der ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen besteht. Der von der Beklagten angebotene Telekommunikationsdienst sei angesichts der großen Anzahl der von der Beklagten vermieteten und mit einem Kabel-TV-Anschluss ausgestatteten Wohnungen auch im Sinne von § 3 Nr. 17a TKG öffentlich zugänglich.
Jedoch sei in den von der Beklagten mit ihren Mietern geschlossenen Mietverträgen keine 24 Monate überschreitende Mindestlaufzeit vereinbart (§ 43b S. 1 TKG). Die Beklagte verwehre ihren Mietern auch nicht den Abschluss von Mietverträgen mit einer Höchstlaufzeit von zwölf Monaten (§ 43b S. 2 TKG). Vielmehr seien die Mietverträge von der Beklagten auf unbestimmte Zeit geschlossen und können von den Mietern – entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB – bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 43b TKG auf die von der Beklagten geschlossenen Mietverträge scheide daher aus.
Auch eine entsprechende Anwendung von § 43b TKG im Verhältnis der Beklagten zu ihren Mietern komme nicht in Betracht. Aus der Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Regelungen gehe hervor, dass der Gesetzgeber große Wohnungsbaugesellschaften, die mit Kabel-TV-Anschlüssen ausgestattete Wohnungen vermieten und die Kosten des Kabelanschlusses als Betriebskosten auf die Mieter umlegen, nicht in den Geltungsbereich des § 43b TKG einbeziehen wollte. Das ergebe sich auch aus der bevorstehenden Änderung des Telekommunikationsgesetzes. Nach der ab dem 01.12.2021 geltenden Neuregelung in § 71 Abs. 1 S. 1 und 3 TKG können Verbraucher zwar die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten im Rahmen eines Mietverhältnisses nach 24 Monaten beenden. Diese Neuregelung sei nach der Übergangsvorschrift des § 230 Abs. 4 TKG aber erst ab dem 01.07.2024 anwendbar, wenn die Gegenleistung – wie im vorliegenden Fall – ausschließlich als Betriebskosten abgerechnet wird.